Leonie Kalmbach und Ann-Kathrin Ostertag (von links) wollen Angela Merkel vor Abhöraktionen des amerikanischen Geheimdienstes schützen. Für Nachrichten an den russischen Präsidenten soll sie künftig ihren Geheimcode nutzen, empfehlen die Mädchen. Foto: factum/Bach

Beim Regionalwettbewerb Jugend forscht in der Stadthalle zeigen 88 Kinder und Jugendliche praktische, geniale und verrückte Erfindungen und innovative Forschungsarbeiten

Sindelfingen - Das Briefgeheimnis ist ein Relikt aus alten Zeiten. Der amerikanische Geheimdienst belauscht die Gespräche von Angela Merkel. Kriminelle können sich mittlerweile in jeden Computer hacken und Daten von Millionen Kunden stehlen. Wie kann man heute noch wichtige geheime Botschaften übermitteln? Für diese Frage, die Experten auf der ganzen Welt beschäftigt, haben zwei neun und zehn Jahre alte Mädchen eine ebenso simple wie effiziente Antwort gefunden: die doppelt verschlüsselte Geheimschrift auf Stift-Wasser-Basis.

Black-Colour-Code, abgekürzt BBC, nennen Leonie Kalmbach und Ann-Kathrin Ostertag aus Gärtringen ihre Erfindung. Die Idee: eine falsche Botschaft wird mit drei verschiedenen schwarzen Stiften geschrieben. Werden die Schriftzeichen nass gemacht, verlaufen sie – je nach Stift – in verschiedene Formen. Über diese drei verschiedenen Formen werden 27 Buchstaben-Kombinationen erzeugt, die wiederum jeweils für einen bestimmten Buchstaben des Alphabets stehen – und zusammengesetzt die eigentliche Botschaft ergeben. Den Wassercode haben die Mädchen an die Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickt. „Was sie geantwortet hat, das bleibt aber geheim“, sagt Leonie, verrät dann aber noch, dass die Kanzlerin erfreut gewesen sei. Die Jury beim Wettbewerb Jugend forscht war auf jeden Fall begeistert von der Idee der pfiffigen Mädchen – und belohnte sie mit dem ersten Preis im Fachgebiet Mathematik/Informatik bei den Jüngeren.

88 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 20 Jahren aus dem gesamten Raum Mittlerer Neckar haben am Freitag 46 Arbeiten in der Stadhalle in Sindelfingen (Kreis Böblingen) vorgestellt. Auffallend viele Mädchen waren in diesem Jahr dabei, mit einem Anteil von 45 Prozent waren sie so stark vertreten wie noch nie zuvor. „Vor allem bei den Jüngeren gab es viele reine Mädchenteams“, sagt Ann-Katrin Hammer von der Sindelfinger Stadtverwaltung, die zum Organisationsteam gehörte.

Forschung über glibbrige Eier

Gewöhnliche Alltagsthemen liefern den Teilnehmern oft die Idee für eine Forschungsarbeit. So hatte sich der elf Jahre alte Leo Gesser vom Königin-Charlotte-Gymnasium in Stuttgart immer über sein Frühstücksei geärgert. „Entweder war es zu hart oder zu glibbrig.“ Er beschloss die Bedingungen für das perfekte Ei zu erforschen: „festes Eiweiß, das Eigelb weich, aber nicht mehr flüssig.“ Dutzende von Eiern, große , kleine und mittlere, aus Bodenhaltung und Biofütterung, hat der Junge in den vergangenen Monaten zuhause gekocht. Sein Ergebnis: exakt 7,5 Minuten braucht ein Ei der Größe L, bis es perfekt ist, bei einem kleinen Ei reichen fünf Minuten. „Man darf die Eier aber erst ins Wasser legen, wenn dieses richtig kocht.“ Auch diese Arbeit honorierte die Jury, zu der Lehrer, Ingenieure, Physiker, Chemiker und andere Fachleute aus verschiedenen Unternehmen in der Region gehören, mit einem ersten Preis im Fachgebiet Chemie.

Die vergesslichen Großeltern waren der Anlass für Robert Leipner vom Ludwig-Uhland-Gymnasium Kirchheim zur Erfindung eines Medikamentenapparats. Der 16-Jährige will die neue Gesundheitskarte einsetzen. Darauf soll der Arzt ein elektronisches Rezept speichern. Nach dieser Anordnung füllt die Apotheke einen Aufsatz für den Medikamentenapparat. Die Patienten müssen nur noch ihre Karte in das Gerät schieben, dann wirft es die richtige Dosierung der Arznei aus. Der Arzt kann beim nächsten Besuch überprüfen, ob der Patient die Medizin genommen hat. Damit siegte Robert im Arbeitsbereich Technik.

Sensor misst, ob die Zahnspange getragen wird

Etliche Besucher nutzten am Freitagnachmittag die Möglichkeit, mit den Jungforschern ins Gespräch zu kommen. „Dein Medikamentenapparat hat eine Zukunft“, “ sagte eine Ärztin zu Robert Leipner. Jonathan Kalmbach und Felix Schweizer vom Sindelfinger Stiftsgymnasium haben schon Interessenten für ihre Erfindung gefunden. Eine Krankenkasse will sich ihr Spangen-Einsatz-Kontrollsystem, kurz SEK, näher anschauen. Die Kasse könne Geld sparen, wenn sie feststelle, dass eine Spange trotz regelmäßigen Einsetzens nichts verändere. Die größten Vorteile sieht Jonathan, selbst Zahnspangenträger, aber für sich und seine Leidensgenossen. „Wir können dem Kieferorthopäden endlich beweisen, dass wir die Zahnspange tatsächlich ordnungsgemäß tragen.“

Nachwuchsforscher im Überblick

Arbeitswelt
Über einen ersten Platz bei „Jugend forscht“ freuten sich Timo Ackermann, Marc Eisenhardt und Ailene Kolland von der Gottlieb-Daimler-Schule 2 in Sindelfingen. Sie hatten die Vereinfachung des Schulalltags durch Android-Apps und Webanwendungen untersucht. Bei „Schüler experimentieren“ überzeugten Annika Borst und Emily Horn von der Sindelfinger Grundschule Klostergarten mit einem Pflanzenbewässerungssystem für die Ferien. Den zweiten Platz machte Valentin Graf, Freie Waldorfschule Uhlandshöhe, Stuttgart, bei den Jüngeren waren es Miriam Gilch, Amelie Weber und Anna-Sophie Struwe von der Klostergarten-Grundschule Sindelfingen.

Biologie In dem Bereich setzte sich bei den jüngeren Schülern Nikolay Shaparin vom Zeppelin-Gymnasium Stuttgart vor Jakob Below und Jakob Metzger vom Königin-Charlotte-Gymnasium Stuttgart durch. Bei „Jugend forscht“ gab es nur einen zweiten Platz, den Leonie Gerling und Annalena Wirth von der Mathilde-Weber-Schule Tübingen belegten.

Chemie Bei den älteren Nachwuchsforschern gab es zwei erste Plätze: Felix Wedlich und Niklas Enslin von der Tübinger Geschwister-Scholl-Schule sowie Marco Rempfer und Marco Dettling von der Gewerblichen Schule Tübingen. Bei den jüngeren Schülern überzeugte Leo Gesser vom Stuttgarter Königin-Charlotte-Gymnasium mit seinen Erkenntnissen über das perfekte Frühstücksei. Die Plätze zwei gingen an Robert Neumann, Marian Spannowsky und Nicoletta Nosalski vom Metzinger Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium sowie an Patricia und Roberta Chira vom Stiftsgymnasium und der Königsknoll-Grundschule in Sindelfingen.

Technik Robert Leipner vom Ludwig-Uhland-Gymnasium in Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) entwickelte einen chipgesteuerten Medikamentenautomaten und kam mit ihm auf Platz eins, ebenso die Fahrradschleuse von Jan Kaupe, Tobias Mahler und Robin Grob vom Beruflichen Schulzentrum Leonberg. Bei den jüngeren Schülern überzeugten Jonathan Kalmbach und Felix Schweizer vom Sindelfinger Stiftsgymnasium mit dem Spangen-Einsatz-Kontrollsystem, kurz SEK, die Juroren. Der zweite Platz im „Jugend-forscht“-Wettbewerb ging an Jan Richter und Felix Mayer vom Beruflichen Schulzentrum Leonberg, die ein MorseLerngerät entwickelten.

Geo- und Raumwissenschaften Beim Wettbewerb „Schüler experimentieren“ holte sich Markus Krimmel von der Tübinger Geschwister-Scholl-Schule mit Sedimentuntersuchungen in Höhlen den ersten Platz. Auf dem zweiten landeten Felix Häfner und Moritz Gärlich von der Robert-Koch-Realschule Stuttgart, die wissen wollten, warum die Autobahn an manchen Tagen lauter ist als an anderen.

Mathematik/Informatik Das Rennen machten Leonie Kalmbach und Ann-Kathrin Ostertag vom Goldberg-Gymnasium Sindelfingen und der Ludwig-Uhland-Schule Gärtringen mit dem „Black-Colour-Code“. Auf Platz zwei kam Sandra Tubbesing, Wirtemberg-Gymnasium Stuttgart.

Physik Benjamin Graf von der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe Stuttgart holte sich mit Solarmodul-Expermenten den ersten Preis vor Hannah Dieterle vom Königin-Charlotte-Gymnasium Stuttgart.

Weitere Preise
In allen Sparten wurden Preise an die Drittplatzierten sowie Sonderpreise vergeben.