Bio muss nicht immer auch regional bedeuten Foto: dpa

Immer mehr Verbraucher achten beim Einkauf auf regionale Produkte. Doch auf den Begriff „Regional“ allein können sich Verbraucher nicht verlassen, warnt das Magazin „Öko-Test“.

Stuttgart - Produkte aus der Region boomen. Ob Obst, Gemüse, Fleisch oder Milchprodukte – wo regional drauf steht, greifen Kunden guten Gewissens zu. Studien belegen, dass im Südwesten sogar 81 Prozent der Verbraucher Wert auf Lebensmittel legen, die aus ihrer Umgebung kommen. „Verbraucher verbinden mit Regionalität Nähe und Heimatgefühl“, sagt Axel Wirz vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl). Regionale Produkte seien ihrer Ansicht nach frischer, sichern Arbeitsplätze und werden kürzer transportiert.

Doch nur, weil „Regional“ auf der Verpackung steht, muss der Inhalt nicht zwingend aus der näheren Umgebung stammen. Viele vermeintliche Regionalprodukte sind Mogelpackungen. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung des Verbrauchermagazins „Öko-Test“ hervor. Denn der Begriff Region ist nicht geschützt. Das bedeutet, dass es den Herstellern überlassen bleibt, welche Landstriche noch als regional anerkennen.

Was kritisiert die Zeitschrift Öko-Test?
Öko-Test (Ausgabe 10/2014) hat bundesweit 106 regionale Produkte getestet. Demnach waren nur 26 davon wirklich regional. Für Öko-Test heißt regional: Die Rohstoffe sind aus der auf der Packung angegebenen Region mit einem Umkreis von 60 Kilometern, werden dort verarbeitet, verpackt und vertrieben. Zusammengesetzte Produkte wie Marmelade oder Wurst müssen zu mindestens 95 Prozent aus regional erzeugten Rohstoffen bestehen. Doch der Großteil der untersuchten Lebensmittel waren Mogelpackungen: Olivenöl, angeblich aus der Spreewald-Region, stammte tatsächlich aus Andalusien. Angeblich regional im hessischen Landkreis Gießen erzeugte Milch stammt tatsächlich von Kühen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen.
Woran erkennt man regionale Produkte ?
Im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt werden Lebensmittel direkt vom Erzeuger verkauft. Daher sind sie eine gute Anlaufstelle, wenn es um regionale Produkte geht, so die Verbraucherzentrale. Aber auch hier gilt: Lieber nach der Herkunft fragen, da manche Lebensmittel auch dazugekauft sein können, sagt Christiane Manthey. Die Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau in Baden-Württemberg gibt den Tipp, möglichst saisonale Lebensmittel zu kaufen.
Bei Lebensmitteln mit der Kennzeichnung „geschützte Ursprungsbezeichnung“, kurz: g. U., sind die Rohstoffe aus der Region und wurden dort verarbeitet. Das Zeichen ist allerdings nur bei wenigen Lebensmitteln zu finden. Auch das Qualitätszeichen Baden-Württemberg, das vom Land getragen wird, hilft weiter: Hier müssen mindestens 90 Prozent der Zutaten der verarbeiteten Lebensmittel aus dem Land stammen. Zusätzlich gibt es seit 2002 das Bio-Zeichen Baden-Württemberg. Pflanzliche Produkte werden zu 100 Prozent in der Region erzeugt. Bei verarbeiteten Produkten muss die Hauptzutat komplett aus der Region sein.
Kann sich der Verbraucher auf Siegel, wie das „Regionalfenster“ verlassen?
Grundsätzlich soll das Regionalfenster dazu dienen, Produkte aus der Region besser zu erkennen. Was Öko-Test daran missfällt: Entgegen der Vorstellung vieler Verbraucher, dass die Region der näheren Umgebung entspricht, genügt es bei dieser Kennzeichnung, wenn die Region kleiner ist als die Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland. Christiane Manthey, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, findet das Zeichen trotzdem hilfreich. „Der Verbraucher muss allerdings nachlesen, welche Region beworben wird, und sich dann überlegen, ob das seinen Vorstellungen entspricht.“
 
Sind Bioprodukte automatisch auch regionale Produkte?
Nicht unbedingt: In Baden-Württemberg liegt der Schwerpunkt des ökologischen Landbaus im Süden des Landes. Dort macht er einen Anteil von 11 bis 18 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Gesamtfläche aus. Doch die steigende Nachfrage nach Bio-Produkten kann oft nicht mehr mit Ware aus dem Inland gedeckt werden. Laut EU-Verordnung dürfen mit „Bio“ nur Produkte gekennzeichnet werden, die nach Richtlinien der EU-Öko-Verordnung hergestellt wurden. Man erkennt sie an Bio-Siegeln wie Bioland, Demeter, Naturland oder das Bio-Siegel der Europäischen Union. Verboten sind chemisch-synthetische Düngemittel, Gentechnik oder Antibiotika.
Ist bio gesünder als konventionell?
Darüber herrscht Streit. Bei einer aktuellen Studie der britischen Universität Newcastle wurden in Bio-Produkten weniger Nitrit, Nitrat, Pestizide und Schwermetalle nachgewiesen als in konventionell erzeugten Produkten. Dafür enthalten sie deutlich mehr Antioxidantien – diese können chronische Krankheiten verhindern. Andere Studien sehen beim Vitamin-, Fett- und Proteingehalt keine Unterschiede. Einig sind Experten sich lediglich darin, dass Bio-Produkte einen Beitrag zum Umwelt- und Tierschutz leisten.
Könnte das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA die Sicherheit von Bio- und regionalen Produkten gefährden?
Nach Meinung von Experten bedroht TTIP den Bio-Landbau. Mit Hilfe des Abkommens kann mit Pestiziden produzierte oder genetisch veränderte Ware ebenso problemlos zugelassen werden wie Bio-Produkte. „In der USA gilt das Prinzip des Beweises“, sagt Agrarhandelsexperte Francisco Mari von Brot für die Welt. „Solange nicht bewiesen ist, dass Produkte gefährlich sind, dürfen sie auf den Markt gebracht werden.“ Dieses Prinzip würde dann auch in der EU greifen.