Andreas Walz begutachtet in seiner Sulzbacher Brauerei die Qualität des Biers. Mit seinen regionalen Produkten will er einen Markt auch in Berlin finden. Foto: factum/Bach

Der Biermarkt in Deutschland ist hart umkämpft, der Durst auf das flüssige Gold in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Internationale Großkonzerne dominieren den Markt. Um dagegenhalten zu können, lassen sich regionale Anbieter einiges einfallen.

Stuttgart - Das Berliner Imperium von Starfriseur Udo Walz kann sich sehen lassen. Neben diversen Filialen nennt er demnächst auch ein Bistro am Kurfürstendamm sein Eigen. Den Gästen wird der prominente Chef auch begegnen, wenn er nicht da ist. Zum Beispiel beim Bier, das dort ausgeschenkt wird. Die Bügelflaschen ziert nicht nur ein Konterfei des gebürtigen Waiblingers, sondern auch ein Sprüchlein, in dem er sich lobend über „regionale Braukunst“ und „unverfälschte Frische“ des „Schwabenbiers“ auslässt. Der Gerstensaft aus seiner Heimat, so Walz, sei „ein Kult wie ich“.

Ein Zufall ist es nicht, dass gerade dieses Helle beim Starfriseur auf der Karte steht. Es stammt aus der Schlösslebrauerei in Sulzbach an der Murr, die Walz’ Bruder Andreas vor kurzem übernommen und ordentlich aufgemöbelt hat. Der berühmte Bruder des Unternehmers schaut dort gelegentlich vorbei und hilft als bekannte Persönlichkeit bei den Marketingaktivitäten. „Ich unterstütze gerne Produkte aus der Region, die Handwerkskunst soll ja weiterhin bestehen bleiben und nicht aussterben“, sagt Udo Walz. Von seinem Bistro aus soll sich die Marke in gehobenen Berliner Biertrinkerkreisen etablieren.

Der Plan dazu kommt aus Sulzbach. „Wir wollen in Berlin ein Kultbier aus unserem Schlösslebräu machen“, sagt Unternehmer Andreas Walz. Als regionaler Erzeuger, „der Traditionen erhalten will“, tue man sich schwer. „Der heimische Markt reicht oft nicht aus, um sich gegen die Großen zu behaupten“, sagt er. Also muss man schauen, wo und wie man seine Nische findet. „Wichtig ist dabei die Qualität. Wir wollen keine Massenware, kein Industriebier.“

Spezielle Sorten sollen Liebhaber finden

Die Großen, das sind die alles beherrschenden nationalen und internationalen Konzerne. Doch in den vergangenen Jahren hat bei vielen Biertrinkern ein Umdenken eingesetzt. Im Zuge des allgemeinen Trends zur Regionalität gerade bei Lebensmitteln profitieren zunehmend auch heimische Brauereien. Sie wollen mit Individualität, speziellen Sorten und Heimatgefühl punkten.

Das ist nicht nur in Sulzbach so. Die Berg-Brauerei aus dem oberschwäbischen Ehingen etwa hat zu den Ersten gehört, die voll auf Tradition und vermeintlich altmodische Rezepturen gesetzt hat. Aus der Not heraus – denn vor 35 Jahren ging es dem Unternehmen sehr schlecht. Also nahm man die alte Sorte Ulrichsbier wieder ins Sortiment, füllte sie in kleine Bügelfläschchen und hoffte auf die Wende. Die kam tatsächlich. Heute sind die Biere aus Ehingen-Berg auch in der Stuttgarter Region vierlerorts zu haben.

„Viele Leute haben uns erzählt, dass unser Bier anders schmeckt als das der großen Betriebe“, sagt Chef Uli Zimmermann. Heute erscheine das „als eine ganz selbstverständliche Logik, damals aber war das neu“. Daraufhin habe man immer mehr saisonale und sehr unterschiedliche Sorten gebraut. „Das ist nur machbar, weil unser Bier nicht von Garmisch bis Flensburg allen Leuten schmecken soll und muss, sondern vor allem den Menschen in unserer Region“, so Zimmermann.

Mehr Unabhängigkeit, aber weniger Finanzkraft

Finanziell allerdings ist das ein Risiko. „Gegenüber Großbetrieben haben wir den Nachteil, dass durch unsere geringere Finanzkraft manches nicht möglich ist – eine Finanzkraft, die oft augenfällig in der geballten Werbemacht im Fußball- und TV-Bereich wird“, so der Braumeister. „Unsere Chance ist die Mund-zu-Mund-Werbung“, betont Zimmermann. Und: Man könne Investitionsentscheidungen langfristig anlegen, könne sich für die Produkte Zeit lassen und müsse sich nicht gegenüber Aktionären rechtfertigen. Mit manchen Landwirten in der Region arbeitet die Brauerei bereits in der dritten Generation zusammen.

Auch in Stuttgart gibt es den Trend zur Eigenständigkeit. Dinkelacker-Schwabenbräu etwa befindet sich seit neun Jahren wieder in Händen der Familie Dinkelacker. Ganz bewusst grenzt man sich seither von internationalen Großkonzernen wie dem vorherigen Eigentümer Inbev ab. In der Werbung wird offensiv auf Regionalität, den Status als Privatbrauerei und die Kampagne „Fließend schwäbisch“ gesetzt. „Mit dieser Ausrichtung liegen wir voll im Trend, die Wertschätzung der Konsumenten in Bezug auf Biere mit regionalem Hintergrund nimmt spürbar zu“, sagt Marketingleiter Stefan Seipel. Außerdem verfüge man über kurze Entscheidungswege und flache Hierarchien, könne so schneller auf Veränderungen am Markt reagieren.

In Sulzbach plant man bereits den nächsten Schritt. Ende Oktober, Anfang November, hofft Andreas Walz, könnten die ersten Bügelflaschen im Berliner Handel und in der höheren Gastronomie zu bekommen sein. Der prominente Bruder hat bereits kräftig dafür getrommelt. Dabei ist er selbst eigentlich gar kein großer Biertrinker. Aber für die Flaschen mit dem eigenen Konterfei macht er gerne eine Ausnahme. „Wenn sie hier im Handel erhältlich sind“, sagt Udo Walz und lacht, „muss ich nicht immer warten, bis ich eine Sonderlieferung bekomme.“