Foto: DB AG/Georg Wagner

Jährlich sollen 2,5 Millionen Euro fließen – jahre­langer Streit über den finanziellen Ausgleich beigelegt.

Stuttgart - Über zehn Millionen Fahrgäste im Jahr nutzen Tickets des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) in Regionalzügen der Bahn. Jetzt haben der Verband Region Stuttgart und die Bahn einen jahrelangen Streit über den finanziellen Ausgleich ausgeräumt.

Seit dem 1. Oktober 1993 muss ein Mensch, der mit dem Interregio etwa von Vaihingen/Enz nach Stuttgart und vom Hauptbahnhof weiter mit der Stadtbahn nach Möhringen fahren will, nicht mehr zwei separate Fahrscheine lösen. Er kommt mit dem günstigeren VVS-Ticket direkt ans Ziel. Damit die Bahn mitmacht, die so keinen eigenen Fahrschein mehr an den Mann oder die Frau bringen kann, hatten die Verbundlandkreise den Vertrag über die sogenannten Schienenaußenstrecken abgeschlossen. Dieser garantierte der Bahn, dass der Verband ihre Verluste jährlich ausgleicht. Ein lukratives Geschäft, denn die Anzahl der VVS-Kunden in den Regionalzügen stieg ständig: 1995 legten sie noch 126 Millionen Kilometer zurück, zehn Jahre später schon fast doppelt so viel. Das Salär wuchs entsprechend von anfangs rund acht Millionen Euro auf fast 17 Millionen Euro im Jahr 2009. „Und im Regionalverkehr brummt’s auch weiterhin“, sagt Verbandsdirektor Jürgen Wurmthaler.

Streit im bürgerlichen Lager

Spätestens 2005 zogen die vier Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr, die den Vertrag einst abgeschlossen und später auf den Verband Region Stuttgart übertragen hatten, gegen das Papier zu Felde. Der Ausgleich habe nichts mit den tatsächlichen Kosten zu tun, lautete die Kritik. Da die Bahn außerdem auch noch knapp ein Drittel der jährlich rund 400 Millionen Euro Ticketeinnahmen im VVS bekommt, witterten die Kritiker eine gewaltige Überbezahlung.

Der folgende Streit entspann sich aber nicht etwa zwischen der Region als Besteller und der Bahn als Verkehrsunternehmen, sondern zwischen der Region und den Kreisen, die den Verband Region finanzieren. Nachdem die Kreise ein Gutachten vorgelegt hatten, wonach der Verband die Regionalzüge doppelt und dreifach bezahle, konterte der Verband mit einem eigenen Gutachten, wonach alles in Butter war. Zudem habe er seine Position in Verhandlungen mit der Bahn in den Jahren zuvor schon mehrfach verbessert. Der Verband warnte sogar davor, den Vertrag zu kündigen, da die Bahn dann die Fahrgäste nicht mehr zum VVS-Tarif mitnehmen müsse. Der Streit wurde zeitweise so heftig, dass sogar ein Riss durch das bürgerliche Lager zwischen CDU und Freien Wählern ging.

Bewegung kam in die Gelegenheit erst vor zwei Jahren. Zunächst schlug sich Oberbürgermeister Wolfgang Schuster in einem eher seltenen Akt auf die Seite der Landkreise, dann zerrte die SPD das Thema gegen den Willen der Verwaltung auf die Tagesordnung der Regionalversammlung und forderte, der Bahn künftig pauschal zwei Millionen Euro weniger zu bezahlen. Die Bahn – offenbar beeindruckt von der öffentlichen Diskussion – bewegte sich erstmals auf die Position der Region zu, dass die Regionalzüge keine Erfolgsgeschichte für sich, sondern als Teil des VVS-Netzes zu sehen sind.

Zahl der Fahrgäste steigt

Eine Stellungnahme zu diesem Thema war von der Bahn bis Donnerstag nicht zu erhalten. Fakt ist aber , dass die Führung der DB Regio bereit war, für 2011 zunächst einen zehnprozentigen Abschlag zu akzeptieren. In weiteren einjährigen Verhandlungen haben die Partner den Vertrag dann in seiner alten Form abgeschafft und den Zuschuss in einen Anteil an den gesamten Einnahmen übersetzt. Das heißt, dass die Bahn-Tochter für die Regionalzüge im VVS-Gebiet für das Jahr 2011 rückwirkend rund 14,5 Millionen Euro erhält – und damit fast zweieinhalb Millionen weniger als noch im Jahr zuvor.

Für die Regionalversammlung und Verbandsdirektor Jürgen Wurmthaler ein schöner Erfolg, zumal die Anzahl der Fahrgäste eben weiterhin steige. „Die gute Einnahmesituation insgesamt konnten wir dazu nutzen, den Abschluss noch ein bisschen zu unseren Gunsten zu gestalten“, sagt Wurmthaler mit Blick auf die Verhandlungen des vergangenen Jahres. Angesichts des jetzt bekanntgewordenen Gesamtgewinns der Deutschen Bahn AG im Jahr 2011 in Höhe von 2,3 Milliarden Euro ist das für den Schienenkonzern offenbar zu verschmerzen.