Mal wieder ohne verkniffenes Gesicht: Horst Seehofer am Mittwoch im bayerischen Landtag Foto: dpa

Nach monatelangem Streit mit der Schwesterpartei CDU gibt CSU-Chef Seehofer im bayerischen Landtag eine erstaunlich gelassene Regierungserklärung ab. Und er verspricht „die größte Steuersenkung aller Zeiten“ – inklusive Soli-Abschmelzung.

München - Natürlich war es Ironie, aber so viel auch wieder nicht: Markus Rinderspacher, Fraktionsvorsitzender der bayerischen SPD, hat an diesem Mittwoch einen „geradezu neuen Seehofer“ entdeckt: „Ohne Frontalattacken auf die Bundeskanzlerin! Mit dem Benehmen eines Gentlemans!“ Das sei ja seit einem Jahr nicht mehr vorgekommen, lobte der Oppositionschef im bayerischen Landtag Ministerpräsident Horst Seehofer, der dort mit einer Regierungserklärung die parlamentarische Herbstsaison eröffnete.

In der Tat: Gerade im Themenfeld Flüchtlinge/Zuwanderung, wo sich die CSU seit Monaten den heftigsten Streit mit der Schwesterpartei liefert, blieb Seehofer am Mittwoch erstaunlich ruhig im Ton. Die Berliner Koalition habe „auch dank unserer Mitwirkung einiges zuwege gebracht in der Begrenzungsfrage“, hob Seehofer gar hervor, um dann seine erneute Forderung nach einer – nicht mehr bezifferten – Obergrenze rhetorisch abtauchen zu lassen hinter einem Satz, für den ihm allgemeine Zustimmung sicher war: „Wir schaffen es nicht noch einmal, über eine Million Menschen aufzunehmen.“

Zur Abwechslung mal nicht provozieren

Seehofer sprach aus der gelassenen Position eines Siegers auf vielen Fronten. Nicht nur, dass „die anderen“ mit einer gewissen Verzögerung immer die Forderungen der CSU übernähmen – Bayern sei schließlich „die Stimme der Vernunft“. Nein, mehr als das: Sein Bayern, das er seit acht Jahren regiert, sei dank „hartem, konsequentem Durchgreifen“ das sicherste aller Bundesländer, auch dasjenige mit praktisch flächendeckender Vollbeschäftigung, das innovativste, das mit dem „größten Bildungsaufschwung seit dem Zweiten Weltkrieg“. Bayern stehe „für Stabilität in einer instabilen Welt“ resümierte Seehofer: „Die Menschen wollen, dass das alles so bleibt.“

Da kam auch das Lieblingsthema der CSU zum Vorschein: die Leitkultur, sei’s die bayerische, notfalls auch die deutsche. „Unsere Hausordnung ist nicht verhandelbar“, bekräftigte Seehofer: „Wir integrieren nicht in ein Niemandsland, sondern in unsere Werteordnung.“ Wobei – außer der Kurzfassung des „bayerischen Lebensgefühls“ in der Formulierung „leben und leben lassen“ – eine nähere Bestimmung dieser Werteordnung unterblieb.

Steuersenkung für kleinere und mittlere Einkommen

Dafür startete Seehofer bei einem anderen populären Thema auch inhaltlich in den Wahlkampf: „Die größte Steuersenkung aller Zeiten“ versprach er, und das auch noch mit einem berühmten Satz: „Das werden wir schaffen.“ Der Bund nehme mehr Geld als je zuvor, sagte der CSU-Chef; da sei Spielraum für eine Entlastung besonders kleiner und mittlerer Einkommen um jährlich 15 Milliarden Euro; außerdem solle der „Soli“ bis 2025 weg.

Das ist genau der „Bayern-Tarif“, den Landesfinanzminister Markus Söder schon im Juli vorgestellt hat. Seehofer verzichtete darauf, Söder zu nennen. Man weiß, dass er den Minister lieber heute als morgen nach Berlin wegloben möchte. Die CSU müsse „mit Alphatieren“ in der Bundesregierung vertreten sein, grinste Seehofer neulich. Söder will lieber in München bleiben, um ein anderes Alphatier zu beerben: Seehofer.