Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann ist als Ministerin im Gespräch. Foto: Michael Steinert

Eine Ministerin oder einen Minister in der Landesregierung stellen zu dürfen, ziert in der Regel jeden Kreisverband einer Partei. Dass Susanne Eisenmann nun Kultusministerin werden könnte, ruft in der Stuttgarter Partei aber nicht nur Entzücken hervor.

Stuttgart - Im Rathaus der Landeshauptstadt wird, wenn nicht alle Anzeichen trügen, der Posten der Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport vakant. Amtsinhaberin Susanne Eisenmann (CDU) dürfte Mitte Mai Kultusministerin in der neuen grün-schwarzen Landesregierung werden. Über Personalien wollen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein designierter Stellvertreter Thomas Strobl (CDU) zwar noch nicht reden, doch Beobachter rechnen mit Eisenmanns Aufstieg zur Ministerin.

Die letzte CDU-Kultusministerin hieß Annette Schavan

Auch der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann geht innerlich schon damit um: „Frau Eisenmann ist eine profilierte Bildungspolitikerin, und inhaltlich steht sie den Grünen nahe.“ Andere Kenner der Materie finden weitere Gründe dafür, weshalb die Ernennung Eisenmanns denkbar sei: Die CDU suche dringend Frauen fürs Kabinett, und Eisenmann verstehe sich gut mit Strobl. Daher wäre es für viele Christdemokraten schon eher eine Überraschung, wenn sie doch nicht die Reihe der Stuttgarter Staatssekretäre und Minister in der Landesregierung fortsetzen würde. Manche halten für möglich, dass Eisenmann sich als Ministerin auch bessere Chancen ausrechnet, wenn 2020 wieder OB-Wahl ist. Vielleicht sei ihr innerparteilicher Kontrahent Kaufmann darum wenig begeistert.

Die letzte CDU-Kultusministerin war Annette Schavan, die ebenfalls Mitglied des Kreisverbandes Stuttgart war und 2005 die Regierung verließ. Bis 2004 war Christoph Palmer der Statthalter von Ministerpräsident Erwin Teufel in der Villa Reitzenstein gewesen. Über Gerhard Mayer-Vorfelder (erst Kultus- und dann bis 1998 Finanzminister) und Marianne Schultz-Hector (Kultusministerin bis 1995) reicht die Geschichte der Stuttgarter CDU-Minister weiter zurück in die Vergangenheit. Daneben gab es zeitweise auch CDU-Politiker mit viel Verständnis für Stuttgart und zeitweisem Wohnsitz in Stuttgart bis hin zum Ministerpräsidenten Günther Oettinger oder Annette Schavan. Entsprechend gibt es auf der Grünen-Seite seit 2011 die Minister Winfried Hermann (Verkehr) sowie Franz Untersteller (Umwelt), die nicht aus Stuttgart stammen, aber hier ihren Wahlkreis haben.

Klaus-Peter Murawski bleibt wohl Staatssekretär

Die Frage, ob Stuttgarter mitregieren dürfen, ist nicht nur eine Frage von Lokalpatriotismus. Die überwiegend aus ländlicheren Gegenden oder kleineren Städten stammenden Abgeordneten und Regierungsmitglieder haben oft andere Prioritäten als Politiker aus dem Ballungsraum, wo in Verkehr, Städtebau und Umwelt die Probleme anders gelagert sind. Er wisse schon, hat Stuttgarts scheidender OB Manfred Rommel 1996 daher zu Erwin Teufel gesagt, dass Stuttgart von Spaichingen aus manchmal etwas unheimlich erscheinen müsse.

Einer, der diese Probleme kennt und künftig noch mehr Einfluss haben dürfte, ist Klaus-Peter Murawski (Grüne). Er bleibt voraussichtlich zwar Staatssekretär im Staatsministerium, dort soll es künftig aber keinen Minister geben.

Möglicherweise wird in der Regierung auch Muhterem Aras, in Anatolien geborene Stuttgarterin, die Flagge der Landeshauptstadt hoch halten können. Ein herausgehobener Posten steht ihr fast zwangsläufig zu: Nachdem sie 2011 das beste Ergebnis aller neu gewählten Grünen-Abgeordneten geholt hatte, wurde sie im März mit 42,4 Prozent sogar Stimmenkönigin über alle Parteigrenzen hinweg. Die Betriebswirtschaftlerin und selbstständige Steuerberaterin war bisher finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und kommt damit als mögliche Finanzministerin in den Blick, nachdem dieses Ressort den Grünen zugeschlagen worden ist. Manche halten dennoch die bisherige Fraktionschefin Edith Sitzmann für favorisiert. Andere glauben, dass die grüne Finanzexpertin Kerstin Andreae aus Berlin kommt. Einige sehen Aras darum eher als Staatssekretärin für Integration im Innenministerium.

Wenn Eisenmann geht, verliert die CDU einen Bürgermeisterposten

Mit Außenseiterchancen war zeitweise auch die CDU-Bundestagsabgeordnete und Juristin Karin Maag als Regierungsmitglied gehandelt worden – zuerst für das Sozialressort, das nun aber an die Grünen geht, danach für das Justizressort. Das scheint erledigt zu sein. Die CDU-Fraktion würde auch nicht zulassen, dass die Pfründe auf zu viele Parteifreunde von außerhalb aufgeteilt würden, heißt es. So heiß wie Eisenmann wird also zurzeit keine andere Stuttgarterin und kein anderer Stuttgarter für einen Ministerposten gehandelt. Das macht den CDU-Kreisparteichef besorgt. „Was passieren wird, wenn sie das Rathaus verlässt, ist klar“, sagt Kaufmann, „die CDU wird diesen Bürgermeisterposten verlieren – und das ist nicht trivial.“ Rechnerisch stehen der CDU im Verhältnis zur ihren Kommunalwahlergebnissen schon lang nicht mehr drei Bürgermeisterposten zu. Sollte Eisenmann gehen, werden sich die Ratsfraktionen wohl ein schwieriges Ringen um das Vorschlagsrecht zur Neubesetzung liefern. Oder es kommt zur Einsparung und Verteilung der Kompetenzen.