Seit eineinhalb Jahren diskutieren Bund und Länder über eine Reform der Erbschaftsteuer. Nun liegt ein Kompromiss auf dem Tisch. Foto: dpa

Die große Koalition hat bei der Reform der Erbschaftsteuer keine gute Figur gemacht. Wenigstens bleibt der Politik das peinliche Eingeständnis erspart, dass die Verfassungsrichter erneut eingreifen müssen, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - Das war knapp. Wenige Tage, bevor sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Erbschaftsteuer befasst, zimmert der Vermittlungsausschuss in aller Eile eine Lösung. Damit können Bund und Länder zwar das Schlimmste verhindern. Das Eingeständnis, dass die große Koalition im Zusammenspiel mit den Ländern kein neues Erbschaftsteuerrecht hinbekommt, wäre eine Blamage für alle Beteiligten gewesen. Das gilt umso mehr, als das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber eineinhalb Jahre Zeit gegeben hat, um verfassungsfeste Regeln zu finden. Die Politik benötigte eine Verlängerungszeit, um dem Auftrag nachzukommen. Damit siegte letztlich doch noch die Vernunft, denn bei einem Scheitern wäre ein großer Schaden für das Ansehen von Politik und die Rechtssicherheit von Unternehmen entstanden. Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss ist wenigstens gewährleistet, dass das neue Erbschaftsteuergesetz zustande kommt. Ob es Bestand haben wird, muss sich zeigen. Es ist absehbar, dass gegen die neuen Regeln erneut geklagt wird.

Kompromiss unter großem Zeitdruck

Der Vermittlungsausschuss hat unter enormem Zeitdruck eine Einigung erzielt. Dabei ging es um eine politische Verständigung und weniger darum, ob die Korrekturen sinnvoll sind. Durch die vielen Anläufe ist das Gesetz kompliziert geworden. Von einem einfachen Steuergesetz, für das der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof streitet, ist der Entwurf weit entfernt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein Niedrigsteuermodell à la Kirchhof gerade für die großen Familienunternehmen viele ungelöste Fragen aufwirft. Deshalb gab es in der kurzen Zeit zu Änderungen im bestehenden System keine Alternative. Positiv ist zu bewerten, dass die meisten Familienunternehmen weiterhin steuerlich verschont werden. In der öffentlichen Debatte kam zu kurz, dass dies an den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze gebunden ist. Festzuhalten ist, dass sich die Bedingungen für große Familienunternehmen im Vergleich zum Bundestagsentwurf verschlechtert haben. Bei der Stundung und im Bewertungsrecht greifen verschärfte Regelungen. Das ist der Preis dafür, dass die rot-grünen Länder zugestimmt haben. Dabei ging es ein Jahr vor der Bundestagswahl vor allem um Symbolpolitik. Die SPD sieht als ihre Trophäe an, dass Segelyachten, Oldtimer und Kunstsammlungen nicht zum begünstigten Betriebsvermögen zählen. In der Praxis spielen solche Luxusgegenstände im Betrieb eher eine untergeordnete Rolle. In vielen Punkten reflektiert das Gesetz die parteipolitische Arithmetik. Das erschwert die Anwendung. Die Länge der Verhandlungen hat nicht dazu geführt, dass das Gesetz besser geworden ist.