Einer der schrillsten Trump-Fans: Milo YiannopoulosEiner der schrillsten Trump-Fans: Milo Yiannopoulos Foto: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Milo Yiannopoulos, der Blogger und Redakteur des rechten Portals „Breitbart News“, muss zurücktreten.

New York - Milo Yiannopoulos gab sich staatstragend, als er am Dienstag in New York vor eine Ansammlung von Journalisten trat: Der offen schwule konservative Blogger, der sonst gerne schrille Outfits mag, trug einen dunkelblauen Anzug, eine modische Hornbrille und eine lange rote Krawatte – eine unverhohlene Erinnerung an sein Idol Donald Trump. Anlass war sein Rücktritt als Redakteur des rechten Nachrichtenportals „Breitbart News“ – mitgegründet von Trump-Berater Stephen Bannon.

Nun würde ein solcher Rücktritt gewöhnlich keine national live ausgestrahlte Pressekonferenz rechtfertigen. Doch Yiannopoulos hat sich zu einem Popstar entwickelt. Die scheinbaren Widersprüche von Yiannopoulos – seine offene Homosexualität, seine Schlagfertigkeit und Klugheit und sein Drang, linksliberale Tabus zu brechen – haben Amerika fasziniert. Jemand, der aussieht wie ein Linksliberaler und trotzdem gemeinsam mit den Trump-Horden gegen die Diktatur linker politischer Korrektheit marschiert – das zog die Menschen in ihren Bann. Doch jetzt hat Yiannopoulos eine Grenze überschritten, die selbst für die rechtspopulistischen Rebellen gegen elitären urbanen Anstand zu weit ging.

Am Montag tauchte eine Tonaufnahme aus einem Interview mit Yiannopoulos auf, in dem er unmissverständlich Sex mit Minderjährigen rechtfertigte und sogar als positive sexuelle Sozialisation für die Betroffenen anpries. Yiannopoulos’ Attacken auf Feministinnen und Frauen im Allgemeinen, seine Behauptungen, dass Transsexualität eine psychische Störung sei, sein Plädoyer für traditionelle Geschlechterrollen und seine Angriffe auf Homosexuelle als Gruppe – all das war akzeptabel. Doch bei Kindesmissbrauch ist sogar bei Trump-Anhängern Schluss. So verlor Yiannopoulos nicht nur seinen Job bei Breitbart, sondern auch seinen großzügigen Buchvertrag mit dem Verlag Simon and Schuster.

Yiannopoulos widersprach dem Klischee des ungebildeten, weißen Trump-Wählers

Allerorten distanziert man sich von dem unterhaltsamen Medienliebling, der den Sprung in die etablierten TV-Talk Shows geschafft hatte. Doch Yiannopoulos, der sich an der Speerspitze einer Bewegung wähnt, gelobte nach kurzer Geste der Zerknirschtheit, dass dies erst der Anfang sei: „Ich habe Millionen von Fans weltweit und werde noch viele Jahrzehnte lang die Menschen aufrütteln.“ Seine Marktnische entdeckte der griechischstämmige Brite, während er nach Abbruch seines Elitestudiums in Cambridge über Technologie berichtete. In einer Debatte über Political Correctness im Videospiel-Sektor stellte er sich gegen die „Feministinnen“ in den Vorstandsetagen der Spieleproduzenten, die vermeintlich die Spiele langweilig machten, indem sie versuchten, negative Stereotypen zu vermeiden.

Yiannopoulos’ Fangemeinde wuchs rasch an den US-Universitäten. Er machte sich offen über „Schutzräume“ vor „Triggern“ und „Hate-Speech“ lustig. Das trug ihm Einladungen konservativer Studentengruppen im ganzen Land ein. Yiannopoulos genoss die Aufmerksamkeit und legte nach: Universitäten wie Berkeley, propagierte er, solle die staatliche Förderung entzogen werden, weil sie die Redefreiheit einschränkten. Zum Glück, fügte er an, habe Trump das ohnehin schon geplant.

Die Trump-freundlichen Medien liebten ihn für solche Äußerungen und war regelmäßiger Gast auf Fox-News. Yiannopoulos widersprach dem Klischee des ungebildeten, dummen, weißen Trump-Wählers. Er stammte aus dem Herzen der linksliberalen Kultur, die das Feindbild der neuen Rechten darstellt. So ist es durchaus wahrscheinlich, dass Yiannopoulos auch nach seinem Rückzug bei Breitbart ein mediales Nachleben hat.