Rockergruppe im Fokus des Verfassungsschutzes Foto: dpa

Das Bundesamt für Verfassungsschutz rückt die Rockergruppe Hells Angels in die Nähe von Neonazis. Der Präsident der Stuttgarter Hells Angels weist die Vorwürfe zurück: „Das ist vollkommener Blödsinn“, sagt Lutz Schelhorn.

Stuttgart - Das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zeigen sich in einer von beiden Behörden erstellten Analyse besorgt, dass Rocker mit Neonazis gemeinsame Sache machen: Zwischen politischen Extremisten und schwerkriminellen Rockern komme es zu punktueller Zusammenarbeit. Die Schnittmenge der in beiden Milieus aktiven Personen beziffern die Behörden auf 522. Besonders betont wird die Nähe der Rockergruppierung Hells Angels zur rechten Szene. Eine der Hochburgen der Klüngelei zwischen Rockern und Rechten ist dem Bericht zufolge neben Brandenburg, Bayern, Berlin und Sachsen auch Baden-Württemberg.

„Das ist vollkommener Blödsinn“, kommentiert Lutz Schelhorn, Präsident der Stuttgarter Hells Angels die Analyse. Zumindest in Bezug auf den von ihm geführten Club mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Kulturen mit verschiedenen nationalen Wurzeln ist die Einschätzung der Behörden in der Tat schwer nachzuvollziehen. Treffpunkt der multikulturellen Rockergruppe ist ihr Clubhaus im Leonhardsviertel.

„Auch in anderen Clubs der Hells Angels im Land gibt es keine Rechtsradikalen – zumindest keine aktiven“, sagt Schelhorn. Eine Einschätzung, die das Landesamt für Verfassungsschutz teilt und damit die Aussagen der übergeordneten Bundesbehörde relativiert. „Nur in der Vergangenheit konnten vereinzelt Eintritte von Rechtsextremisten in Rockergruppierungen beobachtet werden“, sagt Ilker Vidinlioglu, ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz.

Schelhorn ärgert vor allem, dass Überläufer von der rechten Szene zu der Rockergruppe kritisch beäugt würden: „Die Polizeibehörden gehen bei Rechtsradikalen Klingeln putzen und jubeln über jeden, den sie aus der Szene holen können. Und wenn jemand sich uns Rockern anschließt und auf diesem Weg seine Gesinnung ändert, soll das eine Gefahr darstellen“, klagt der RockerChef. Auch laut Landesamt für Verfassungsschutz hat in allen solchen Fällen das Engagement der betreffenden Personen in der rechtsextremistischen Szene kontinuierlich abgenommen. „Man könnte von einem Wechsel der Szenen sprechen“, sagt Vidinlioglu.

Als bekennender Rechtsradikaler wäre man vermutlich schlecht beraten, bei den Stuttgarter Hells Angels anzuheuern. „So einen würde ich hochkant rausschmeißen“, sagt Präsident Schelhorn. Er ist hauptberuflicher Fotograf. In seinen Arbeiten setzt er sich auch kritisch mit dem Nazi-Terror auseinander, indem er beispielsweise die Orte der Deportation von Juden zeigt.