In Gebieten mit einer Milieuschutzsatzung wie im Stuttgarter Nordbahnhofviertel ist die Aufteilung von Wohneigentum in Sondereigentum künftig genehmigungspflichtig. Foto: Mierendorf

Um die Struktur der Wohnbevölkerung zu erhalten, kann künftig die Aufteilung von Wohneigentum in Sondereigentum untersagt werden.

Für Karl E. war es eine böse Überraschung, als er dieser Tage beim Notartermin erfuhr, dass aus der lang geplanten Aufteilung seines Mietshauses in Eigentumswohnungen wohl so schnell nichts werden sollte. Denn Anfang November ist still und leise die 'Verordnung der Landesregierung über die Einführung einer Umwandlungsgenehmigung in Gebieten einer Erhaltungssatzung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch (Umwandlungsverordnung - UmwandVO)' in Baden-Württemberg in Kraft getreten. Was im Amtsdeutsch recht harmlos klingt, kann unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf Hausbesitzer im ganzen Land haben. Nach dieser neuen Verordnung darf in Gebieten mit einer Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (sogenannte Milieuschutzsatzung) die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum an Gebäuden, 'die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind', nicht ohne Genehmigung erfolgen.

Im Klartext: Hausbesitzer, die im Geltungsbereich so einer Erhaltungssatzung ein Mietshaus besitzen, können nicht mehr ohne Zustimmung der Kommune einzelne Wohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln. Ebenfalls genehmigungspflichtig ist künftig auch die Umwandlung eines zu Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder einzelner Räume zu gewerblichen Zwecken. Nur Neubauten sind von dieser Regelung ausgenommen. Unter welchen Voraussetzungen die Genehmigung von der entsprechenden Kommune versagt oder gewährt werden kann, ist vom Einzelfall abhängig. Vor allem Besitzer von Mietshäusern in Gebieten, in denen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen gefährdet erscheint, werden es wohl künftig schwerer haben, eine Genehmigung für die Umwandlung zu bekommen.

Es gelten jedoch verschiedene Ausnahmeregelungen

Allerdings gibt es auch hier eine ganze Reihe von Ausnahmeregelungen. Gehört ein Grundstück etwa zu einem Nachlass, muss die Kommune der Begründung von Wohn- oder Teileigentum auch in einem Gebiet mit einer Erhaltungssatzung zustimmen. Das Gleiche gilt, wenn das Wohnungseigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll. Ausnahmen gibt es auch, wenn das Gebäude im Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu Wohnzwecken genutzt wurde oder sich der Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren nur an die Mieter zu veräußern.

Diese Verordnung greift zudem auch nur in solchen Gebieten, in denen es eine Erhaltungssatzung gibt. Erhaltungssatzungen sind an sich nichts Neues. Während in einem Bebauungsplan festgelegt ist, wie und was gebaut werden darf, kann eine Kommune über eine Erhaltungssatzung zusätzlich festlegen, dass für den Rückbau, die Änderung oder Nutzungsänderungen baulicher Anlagen eine zusätzliche Genehmigung bei der Stadt eingeholt werden muss oder die Gemeinde ein Vorkaufsrecht bei der Veräußerung von Gebäuden - außer Eigentumswohnungen - hat.

Viele Städte in der Region nutzten das Instrument in der Vergangenheit vor allem auch dazu, um den besonderen städtebaulichen Charakter eines Quartiers zu erhalten, wenn zum Beispiel der Denkmalschutz nicht greift. Das von der grün-roten Landesregierung im November dieses Jahres beschlossene wohnungspolitische Maßnahmenpaket soll nach deren Willen vor allem die Kommunen im Land dabei stärken, gegen den Wohnungsmangel und die Verdrängung alteingesessener Mieter vorzugehen. Treibende Kraft dieser Verordnung waren neben den grün regierten Städten vor allem auch die großen Universitätsstädte, die sich von der Verordnung ein Instrument erhoffen, der wachsenden Wohnungsnot in ihren Kommunen entgegenzutreten. Von den Haus- und Grundeigentümern wird indes bezweifelt, ob durch diese Verordnung tatsächlich etwas für den Wohnungsmarkt in den Ballungszentren gewonnen wird.

Die meisten Gebäude sind im Besitz institutionellen Anleger

Bei den Hausbesitzerverbänden regt sich Unmut ob dieser Regulierungswut. 'Dieser enteignungsgleiche Eingriff ist nicht nur ein ordnungspolitischer Sündenfall, sondern hindert Hausbesitzer in ihrer Investitions- und Modernisierungsbereitschaft. Dadurch wird aber keine einzige neue Wohnung geschaffen', beklagt etwa der Geschäftsführer des Stuttgarter Haus- und Grundbesitzervereins. Stuttgarts Baubürgermeister Matthias Hahn relativiert: In der Landeshauptstadt gebe es zwar einige Erhaltungssatzungen, allerdings gebe es derzeit nur eine Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Dabei handelt es sich um das Gebiet rund um den Nordbahnhof mit insgesamt 182 Wohngebäuden und 1400 Wohneinheiten.

Die meisten Gebäude seien dabei im Besitz von institutionellen Anlegern, so Hahn. Anfang des Jahres hatte der Beschluss des Stuttgarter Gemeinderates, für das Nordbahnhofviertel eine Erhaltungssatzung aufzustellen, für Unverständnis bei den Haus- und Grundeigentümerverbänden gesorgt. Der Stuttgarter Verein warf der Stadt damals vor, sich nachträglich dafür rächen zu wollen, dass sie im Bieterstreit um die ehemaligen LBBW-Wohnungen nicht zum Zuge gekommen war, sondern die Patrizia Immobilien AG. Das wies Hahn damals und weist er auch heute zurück: 'Ich möchte nicht wissen, wie die Mieter aktuell dastehen würden, wenn sich der Gemeinderat in der Landeshauptstadt nicht zu diesem Schritt entschlossen hätte.'

Der Baubürgermeister räumt aber auch ein, dass es bei einem Zuschlag zugunsten der stadteigenen Wohnungsunternehmen vermutlich keine Erhaltungssatzung gegeben hätte. Ausschließen, dass es weitere Satzungen im Stadtgebiet zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung geben könnte, will der Baubürgermeister auch zukünftig nicht. 'Der Weg dahin ist aber aufwendig', räumt Matthias Hahn ein.