So stellt man sich bei der Europäischen Weltraumagentur eine Station auf dem Mond vor – die Studenten des Stuttgarter Workshops sollen neue Ideen für den Mars finden. Foto: Esa

An der Universität Stuttgart spielen zwei internationale Studenten-Teams durch, wie die erste Raumstation auf dem Roten Planeten aussehen könnte.

Stuttgart - Vom Weltraumbahnhof Baikonur aus startet am Freitag das nächste Astronautentrio zur Internationalen Raumstation (ISS). 18 Nationen arbeiten zusammen, um dieses Labor in der Schwerelosigkeit zu betreiben. Doch die ISS wird es nicht ewig geben – im Jahr 2024 läuft die Finanzierung aus. Wie es danach im All weitergeht, ist ungewiss.

Das könnten die 40 Teilnehmer des Space-Station-Design-Workshops ändern. Am Montag wurden sie in zwei Teams aufgeteilt, die gegeneinander antreten. Bis zum Ende der Woche wetteifern sie nun, wer das bessere Konzept für eine Station auf dem Mars entwirft, deren Betrieb im Jahr 2030 starten und mindestens 15 Jahre laufen könnte. Noch wird geheim getüftelt.

Es ist eine große Herausforderung. Maximal drei Jahre Berufserfahrung durften die Bewerber mitbringen. Aus den mehr als 150 Bewerbungen haben die Organisatoren Gisela Detrell und Marius Schwinning zwei möglichst bunte Teams gemischt. Darunter sind Studenten und Berufsanfänger unterschiedlicher Disziplinen aus 20 Nationen.

Zwei Tage lang wurden sie von Experten mit allem gebrieft, was sie wissen müssen. Jetzt läuft die Zeit. Miguel Piñero, der in Barcelona und Bologna Organisationspsychologie studiert, ist bereits jetzt begeistert von dem Workshop. „Es ist unglaublich cool, welche Einblicke man hier bekommt“, sagt er. „Manchmal ist es zwar nicht einfach, weil die Sprache sehr technisch ist. Aber das ist bei echten Raumfahrtprojekten ja genauso.“ Piñero interessiert sich für die Frage, welche psychologischen Prozesse ein kleines Team auf der langen und schwierigen Reise zum Mars wohl durchlaufen würde. „Es ist spannend, sich auszumalen, wie man das Wohlbefinden bei so einer Reise verbessern könnte.“ Bisher hätte man sich über das leibliche Wohl in der Raumfahrt nur wenig Gedanken gemacht, sagt er. Es sei einzig und allein um das Überleben gegangen. Erst allmählich würden die Raumfahrtagenturen umdenken.

Alessia Gloder aus Padua ist ähnlich begeistert: „Es ist spannend, so tief ins Detail zu gehen“, sagt sie. Gloder ist Raumfahrtingenieurin, verdient ihr Geld aber zurzeit vor allem als Klarinettistin. „Es gibt viele Parallelen – in beiden Bereichen bereitet man sich monatelang vor, und dann muss beim Auftritt alles stimmen.“ Sie hat über ein Studentenprojekt bei der Esa von dem Workshop erfahren und war gespannt, wie es sein würde, in nur einer Woche eine so komplexe Aufgabe zu bewältigen. „Es ist verrückt“, sagt sie jetzt. „Aber ich mag es.“ Als Nächstes will sie in England Antriebe studieren. Der Workshop sei dafür sicher wertvoll, sagt Gloder.

Nicht nur die Teilnehmer profitieren, sondern auch das Institut für Raumfahrtsysteme. Professor Reinhold Ewald, der das Projekt betreut, schätzt die Kreativität unbelasteter Köpfe. Kollegen haben Ideen vergangener Workshops in diversen Veröffentlichungen und Vorträgen auf Kongressen vorgestellt. In einigen Jahren könnte das, was jetzt erarbeitet wird, tatsächlich beim Bau einer Station nützlich sein.