Schnelle E-Bikes sollen künftig auch Radwege benutzen dürfen. Foto: dpa

Erst hat das Bundesverkehrsministerium es abgelehnt, schnellen E-Bikes Zugang zu Radwegen zu geben. Nun lenkt es überraschend ein.

Berlin - Der Fahrradverkehr ändert sich: Gerade in den Großstädten sind immer mehr E-Bikes, die ein Tempo von bis zu 45 Stundenkilometer erreichen, Pedelecs (Fahrräder mit zusätzlichem Elektroantrieb) und Lastenräder unterwegs. Zugleich ist das Unfallgeschehen beim Radverkehr alarmierend: Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Fahrradunfälle nach Angaben des Statistischen Bundesamts um knapp zehn Prozent. Dagegen ist beim Autoverkehr in den letzten Jahren die Zahl der Unfälle mit Verletzten deutlich zurückgegangen.

Nun will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Straßenverkehrsordnung ändern. Dies geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel (Filderstadt) hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

Demnach sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, Radwege für E-Bikes zu öffnen. Außerhalb geschlossener Ortschaften sollen Radwege durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung generell von E-Bikes benutzt werden können. So genannte Pedelecs (herkömmliche Fahrräder mit zusätzlichem Elektroantrieb) dürfen schon jetzt Radwege benutzen.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der ein schnelles E-Bike nutzt, hatte sich schon länger für eine Öffnung der Radwege stark gemacht. Noch vor kurzem hatte ihm aber das Bundesverkehrsministerium eine Abfuhr erteilt. Der beamtete Staatssekretär Rainer Bomba (CDU) hatte Palmer per Brief mitgeteilt, dass E-Bikes zulassungsrechtlich Kleinkrafträder seien: „Diese gehören generell nicht auf Radwege.“ Er argumentiert damit, dass die Radwege für so hohe Geschwindigkeiten nicht ausgelegt seien.

Außerdem sollen Eltern ihre Kinder radelnd auf dem Gehweg begleiten dürfen. Bis heute ist die Rechtslage nämlich widersprüchlich. Einerseits dürfen Kinder bis zu ihrem neunten Geburtstag ausschließlich auf dem Gehweg radeln. Andererseits ist es Eltern, die ihre Kinder im Straßenverkehr begleiten, bislang ausdrücklich verboten, auf dem Gehweg zu fahren. Sie müssen die Straße oder den Radweg benutzen. Kritiker bemängeln, dass eine sinnvolle Verkehrserziehung so unmöglich sei. Dies hat auch der Bundesgerichtshof in einem Urteil explizit angemerkt. Nun soll die Straßenverkehrsordnung in diesem Punkt angepasst geändert werden, „um der Aufsichtsperson künftig die Begleitung junger radfahrender Kinder mit dem Fahrrad auf dem Gehweg zu ermöglichen“, wie das Ministerium schreibt.

Der grüne Verkehrsexperte Gastel hält die beiden Änderungen bei der Straßenverkehrsordnung für überfällig. Vor allem außerorts sei die Öffnung der Radwege für E-Bikes sinnvoll. Etwa auf Landstraßen stellten die großen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen dem Autoverkehr und den E-Bikes eine Gefahr dar. Gastel kritisierte aber, dass die Bundesregierung nicht bereit sei, Radfahrern mehr Platz im Verkehr einzuräumen. „Damit ist die Bundesregierung nicht auf der Höhe der Zeit“, bemängelte Gastel im Gespräch mit unserer Zeitung. „Sie bremst den umweltschonenden Radverkehr aus und heizt Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern einerseits sowie dem Autoverkehr andererseits an.“ Notwendig sei vielerorts eine Neuaufteilung des Straßenraums mit einer stärkeren Berücksichtigung des Radverkehrs.

Für Gastel hätte auch die Klarstellung beim Radeln mit Kindern auf dem Gehweg einen Schritt weiter gehen müssen. „Eltern und Kinder sollten nicht auf den Gehweg gezwungen werden, sondern die Wahl haben zwischen dem gemeinsamen Fahren auf dem Geh- oder Radweg.“ Er forderte zudem höhere Investitionen in die Verkehrssicherheit sowie in die Infrastruktur von Radlern.