Stefan Schumacher will es mit 34 noch einmal wissen Foto: dpa

Der Radrennstall Team Stuttgart heißt nun Christina Jewelry. Der neue Kapitän Stefan Schumacher will es noch einmal wissen.

Herning/Stuttgart - Julian Rammler ist ein umtriebiger Mann. Schon länger arbeitet er daran, aus dem drittklassigen Radrennstall Team Stuttgart eine etwas größere Nummer im Peloton zu machen. Nun scheint der Vaihinger einen Schritt weiter zu sein: Christina Jewelry öffnet die Schatulle. Das dänische Schmuck-Unternehmen investiert angeblich eine kleinere sechsstellige Summe in die Equipe, die Abmachung geht über ein Jahr plus Option auf ein weiteres. Manager Rammler verliert zwar den Namen Team Stuttgart. Aber dafür bekommt er Stefan Schumacher.

Der Radprofi aus Nürtingen hat nicht nur den Kontakt zum neuen Hauptsponsor hergestellt, für den er bereits früher fuhr. Er wird auch Kapitän des Rennstalls Christina Jewelry, dessen Sitz in Stuttgart bleibt. „Ich will versuchen, das Potenzial auszuschöpfen – mein eigenes und das meiner Teamkollegen“, sagt Schumacher (34), „das habe ich in den letzten zwei Jahren nicht geschafft.“

In der Tat liegt eine schwere Zeit hinter ihm. Nachdem er 2008 zwei Etappen der Tour de France gewonnen und zwei Tage das Gelbe Trikot getragen hatte, wurde der damalige Gerolsteiner-Profi kurz darauf als Dopingsünder überführt – mit zwei positiven Tests auf das Blutdopingmittel Cera. Es folgten etliche gerichtliche Scharmützel und eine zweijährige Sperre. Anschließend hatte Schumacher 2012 zwar noch eine gute Saison, als er in der Weltrangliste zu den Top 50 zählte, danach aber ist nur noch wenig von ihm zu hören gewesen.

Das vergangene Jahr war geprägt von Stürzen, Krankheiten und Ärger mit der Leitung seines polnischen Teams CCC Sprandi Polkowice. „Das Vertrauen war aufgebraucht, der Umgang mit mir vollkommen respektlos“, sagt Schumacher, der trotz mehrfacher Startzusage seines Teams kurz vor seinem Lieblingsrennen Giro d’Italia ohne Erklärung ausgebootet wurde, „zwischendurch war ich kurz davor, alles hinzuschmeißen und meine Karriere zu beenden. Doch jetzt hoffe ich, dass ich den Spaß am Radsport zurückfinden werden.“

Holczer: „Rammler hat sich Pistole an den Kopf gesetzt“

Einer von denen, die Schumacher motiviert haben, noch nicht ab- und auszusteigen, war Julian Rammler. Er verspricht sich viel von der Verpflichtung seines Kumpels – schließlich hat er ein enorm junges Team beieinander, zu dem bisher die Deutschen Arnold Fiek (22), Moritz Fußnegger (19), Kai Kautz (28), Georg Loef (21), John Mandrysch (19), Florian Nowak (20), Julian Schulze (20) und Joshua Stritzinger (20) sowie Till Drobisch (22) aus Namibia gehören. Dazu sollen auf Wunsch des Hauptsponsors noch einige dänische Talente stoßen. „Am Ende war alles zeitlich ziemlich knapp, deshalb ist es nicht gelungen, eine noch stärkere Mannschaft zusammenzustellen“, sagt Rammler, „doch alle werden von der immensen Erfahrung von Stefan profitieren. Wir haben das Potenzial, um sportlich erfolgreich zu sein.“

Dabei ist das Programm, das Rammler zusammengestellt hat, ziemlich anspruchsvoll für ein kleines Kontinental-Team. Auf der Liste stehen gleich fünf Rennen der höchsten Kategorie und auch sonst viele hochkarätig besetzte Rennen – unter anderem das neue Velothon Stuttgart (Kategorie 1.1) am 24. Juli. Ob das Team Christina Jewelry aber auch wirklich wie gewünscht überall starten kann, wird sich erst noch zeigen. Das hängt von der eigenen Leistung ab, aber auch von den nötigen Einladungen. Und da könnte der Name Schumacher ein Nachteil sein. „Nach meiner Einschätzung hat sich Julian Rammler mit seiner Verpflichtung selbst die Pistole an den Kopf gesetzt“, sagt der Herrenberger Hans Holczer, einst Teamchef von Schumacher bei Gerolsteiner und danach dessen Kontrahent bei diversen Gerichtsverfahren, „dass Schumacher ein Türöffner ist, ist auf jeden Fall ein Trugschluss. Schon CCC durfte zu vielen Rennen nicht mit ihm. Sein Name ist im Radsport verbrannt wie kein zweiter.“

Schumacher und Rammler, der Holczer gut kennt und sich bei ihm früher auch schon mal einen Radträger für seinen Teamwagen borgte, sehen das naturgemäß anders. „Jeder hat eine zweite Chance verdient, man darf aufgrund seiner Vergangenheit nicht herabgestuft werden“, meint Rammler. Und Schumacher hofft, es allen Kritikern zeigen zu können. „Ich habe schon bewiesen, dass es möglich ist, sauber Rennen zu gewinnen“, erklärt er, „das will ich auch künftig tun.“