Siegfahrer: Arnold Fiek vom Team Stuttgart Foto: StN

Das Team Stuttgart kämpft in der dritten Liga des Radsports um Aufmerksamkeit und Sponsoren.

Stuttgart - Wer mit hohen Zielen startet, der muss damit leben, dass er auch an diesen Vorgaben gemessen wird. „In vier, fünf Jahren wollen wir bei der Tour de France mitfahren“, sagte Julian Rammler, als er 2013 mit seinem Team Stuttgart eine alte Radsport-Marke neu belebte. Heute sagt er: „Die Tour ist noch weit entfernt.“ Aber der Chef hält seinen Laden am Laufen – und das ist doch schon etwas in harten Zeiten.

Denn trotz aller Erfolge, welche die Herren Kittel, Martin oder Degenkolb auf der ganz großen Bühne einfahren, liegt das Geld für Radsportler nicht auf der Straße. Erst recht nicht für einen, der aus einem kleinen Projekt ein großes machen will. „Ich würde gerne noch mehr bewegen, aber das geht nur mit mehr Geld“, sagt Rammler (27), „wir erleben gerade, dass aller Anfang schwer ist.“

Gestartet ist das Team Stuttgart in der vierten Liga des Radsports. Inzwischen ist der Rennstall drittklassig, ausgestattet mit einem Lohn- und Reisekostenetat von 150 000 Euro pro Saison sowie einem Fuhr- und Materialpark, der einen Wert von rund 350 000 Euro hat. Damit ist das Team Stuttgart bei den meisten großen Rennen in Deutschland dabei – von der Bayern-Rundfahrt über den 1.-Mai-Klassiker in Frankfurt bis zu Rund um Köln. Und auch international ist der Rennstall viel unterwegs, vor allem in den Beneluxstaaten, aber auch bei der Portugal-Rundfahrt. „Das Programm“, meint Rammler, „ist sehr attraktiv.“

Das liegt vor allem daran, dass die vergangene Saison eine erfolgreiche war – weshalb das Team auf den Einladungslisten vieler Veranstalter ziemlich weit oben steht. Das Problem dabei: Der Mann, um den sich 2014 vieles drehte, radelt nun woanders. Alexander Krieger (Vaihingen/Enz), DM-Vierter und Sechster bei Rund um Köln, wechselte zum luxemburgischen Team Leopard. „Er hat bei uns den Durchbruch geschafft, aber auch deshalb, weil alle für ihn gearbeitet haben“, sagt Rammler, „nun ist er des Geldes wegen gegangen. Sportlich und vom Umfeld her hat er sich aber verschlechtert.“

Wer weiterkommen will, muss investieren können

Weil er zudem 2014 den einen oder anderen Fahrer unter Vertrag hatte, mit dem es nicht rund lief, hat der Chef des Team Stuttgart einen Neuaufbau gestartet. Neun Fahrer gehören nun zum Kader, was nicht allzu üppig ist, aber andererseits jedem auch genügend Einsatzzeiten garantiert. Topleute sind Arnold Fiek, der zuletzt in Zoznegg den ersten Saisonsieg geholt hat, U-23-Nationalfahrer Johannes Weber und Tim Gebauer, ein Mann für Fluchtgruppen. „Viele haben zu mir gesagt, was ich denn da für eine Truppe zusammengewürfelt hätte“, sagt Rammler, „aber ich bin überzeugt, dass wir besser sind als vor einem Jahr. Damals hatten wir nur einen starken Fahrer, jetzt können einige von uns gute Platzierungen einfahren.“

Und das ist nötig, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben. Denn wenn überhaupt Sponsoren zu finden sind, dann nur für erfolgreiche Teams. Und klar ist auch: Mit Gehältern zwischen 800 und 1500 Euro im Monat, die derzeit bezahlt werden, sind Radprofis nur schwer zu ködern, selbst wenn sie noch am Anfang ihrer Karriere stehen.

Erst recht, wenn es so wenige Talente gibt wie derzeit. Vom Ziel, Nachwuchsleute aus der Region in seinem Rennstall weiterzuentwickeln, hat sich der ehrgeizige Rammler bereits wieder verabschiedet. „Wir merken gerade, dass 2006 bei der Tour die große Doping-Bombe geplatzt ist. Damals haben viele Jugendliche dem Radsport den Rücken gekehrt“, sagt er, „und in Württemberg kommt noch dazu, dass es dem Verband an Geldern für die Nachwuchsarbeit fehlt.“

Womit sich der Kreis schließt: Wer weiterkommen will, muss investieren können. Ansonsten sind Ziele nur schwer zu erreichen – selbst wenn sie nicht so hoch gesteckt sind wie eine Teilnahme an der Tour de France.