Schmerzhafte Wunde bei der Vuelta: Chris Froome muss aufgeben Foto: DPA

Radsport ist gefährlich, das ist nicht neu. Doch weil nun bei der Vuelta die Fahrer der Begleitmotorräder aus der Spur geraten sind, ist es für die Radprofis noch gefährlicher geworden.

Burgos - Jeder Sturz schmerzt. Manchmal verbrennt nur die oberste Hautschicht, wenn wieder ein Radprofi den Asphalt entlang geschlittert ist. Doch oft geht es nicht so glimpflich aus, brechen Knochen, hin und wieder auch welche, von deren Existenz der Laie nicht mal etwas geahnt hat. Bei der Vuelta a Espana zum Beispiel brach sich der Brite Chris Froome bei einem Sturz das Os naviculare, das Kahnbein im Fuß.

Schlimm genug, und bei der Spanien-Rundfahrt kam jetzt auch noch eine neue Gefahrenquelle ins Spiel – die Begleitmotorräder. Gleich zwei von ihnen brachten Profis zu Fall, zuerst den Slowaken Peter Sagan, später den Portugiesen Sergio Paulinho, beide mussten das Rennen aufgeben. Ihr Team Tinkoff drohte daraufhin mit Streik. „Die Leute von der Organisation sollen ihren Job richtig machen“, tobte Besitzer Oleg Tinkoff. Unterstützung bekam er vom Chef der Fahrergewerkschaft CPA, Gianni Bugno. Der frühere Weltmeister und Giro-Sieger bezeichnete die Vuelta als „Blutbad“ und forderte den Radsport-Weltverband UCI zum „unverzüglichen Handeln“ auf.

Neue Regelungen muss die UCI beschließen

Getan hat sich seither nicht viel. „Es gibt keine neue Regelungen im Rennen“, sagte ein Fahrer der Motorradeskorte der Polizei dieser Zeitung. Vuelta-Direktor Javier Guillen meinte: „Wir haben die Piloten zu mehr Vorsicht aufgefordert. Neue Regelungen muss aber die UCI beschließen.“ Dafür will sich der Weltverband „den Winter über Zeit nehmen“, wie Präsident Brian Cookson ankündigte. Er versprach immerhin, das Thema zur Chefsache zu machen. Als wichtigste Maßnahme deutet sich ein Lizensierungs- und Prüfungsverfahren für die Piloten an. Eine Reduzierung der Zahl der Begleitfahrzeuge ist dagegen eher unwahrscheinlich. „Wir sind auf die Motorradfahrer angewiesen. Sie sorgen für unsere Sicherheit, indem sie vorneweg fahren. Man muss dankbar sein, dass sie diesen Job machen“, sagte Jens Zemke, Sportlicher Leiter des südafrikanischen Rennstalls MTN Qhubeka.

Hinzu kommt, dass manche Motorräder Ersatzteile für die Räder mit sich führen und oft schneller an einer Pannenstelle sind als die Teamfahrzeuge. Und nicht zuletzt sichern Kameramotorräder die Existenz des Profiradsports. Ohne Livebilder von der Strecke, am besten aus nächster Nähe und auch in den dramatischsten Situationen, wären die Werbepartner nicht interessiert und die wirtschaftliche Basis der Branche würde zerbröckeln.

Ein anspruchsvoller Kurs weist oft nur schmale Straßen auf

Einen Krieg zwischen dem Rennpersonal ohne Motor und den motorisierten Begleitern sieht Jan Schaffrath vom Rennstall Etixx Quick Step denn auch nicht. Doch auch ihm missfällt die Unfallhäufigkeit natürlich. Der Grund aus seiner Sicht: „Die Veranstalter wollen einen anspruchsvollen Kurs, die Strecke aber auch gut absichern. Ein anspruchsvoller Kurs weist aber oft nur schmale Straßen auf. Dann aber hat man zu viel Personal auf der Strecke. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.“

Eine Lösung wären breitere Straßen. Mancher Rundfahrt-Gipfel fiele dann aber aus dem Programm. Zemke plädiert deshalb für mehr Aufmerksamkeit: „Die Motorräder sollten stets hupen, bevor sie am Feld vorbeifahren. Und sie müssen voraussehen, wie Rennfahrer durch die Kurven steuern, damit sie dort nicht im Wege stehen.“ Dieses Wissen erwirbt man aber nur, wenn man an Rennen teilnimmt. Radsport ist ein Erfahrungssport, auch für die, die einen Motor zwischen den Beinen haben. Wer die Unfallgefahr wirklich minimieren will, wird deshalb in der Zukunft auf manche schmale Straße verzichten müssen. Nicht nur in Spanien.