Mancher leidet noch heute an den Folgen des Radikalenerlasses vor über 40 Jahren. Foto: dpa

In den 1970er Jahren kostete der sogenannte Radikalenerlass mehrere Menschen den Beruf - beinahe auch den heutigen Ministerpräsideten Winfried Kretschmann. Jetzt soll das unrühmliche Kapitel der Landesgeschichte aufgearbeitet werden.

Stuttgart - Mehr als vier Jahrzehnte nach dem sogenannten Radikalenerlass beschäftigt sich erstmals die Landespolitik mit den damaligen Berufsverboten. Auf Einladung von Grünen und SPD im Landtag haben sich Politiker und Betroffene am Freitag in Stuttgart zu einem ersten Gedankenaustausch getroffen.

Mit Hilfe des 1972 eingeführten Erlasses hatte der Staat versucht, als verfassungsfeindlich verdächtigte Staatsdiener oder Bewerber aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Manche der vermeintlichen Staatsfeinde fanden keinen vernünftigen neuen Beruf und leben deshalb heute in Altersarmut.

Die Initiative „40 Jahre Berufsverbote“, die elf Betroffene aus dem Südwesten und einen aus Bayern an den Runden Tisch entsendet, fordert für diese Entschädigung und eine generelle Entschuldigung von der Landesregierung. Nach den Worten des Mitinitiators und Grünen-Abgeordneten Uli Sckerl ist auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas geplant.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich für den Runden Tisch eingesetzt. Politik des Gehörtwerdens bedeute zunächst einmal zuzuhören, was die Betroffenen zu sagen haben. Kretschmann, der als junger Lehrer selbst einmal vom Berufsverbot bedroht war, findet nach eigenen Worten auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung interessant.