Polizisten vor dem Pussy-Club in Fellbach Foto: dpa

Neun Männer und eine Frau müssen sich im neuen Pussy-Club-Prozess vor Gericht verantworten.

Stuttgart - Ein einfacher Job in einem Restaurant oder als Babysitter war der 17-jährigen Rumänin aus ärmlichen Verhältnissen versprochen worden. In Deutschland könne sie richtig viel Geld verdienen, hieß es. Das Mädchen glaubte das. Am Ende fand sie sich in einem Bordell namens No Limit in Schifferstadt wieder und wollte im Boden versinken. Man werde sie an ein Auto binden und durch Deutschland schleifen, wenn sie ihren Körper nicht verkaufe, wurde ihr gedroht. Um dem Nachdruck zu verleihen, soll ihr ein Landsmann seine Schusswaffe gezeigt haben. Die junge Frau fügte sich.

Dies ist nur ein Beispiel in Zeitraffer für das, was neun Männern und einer Frau vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart im sogenannten zweiten Pussy-Club-Prozess vorgeworfen wird: Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei, Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbetrug in Höhe von 2,75 Millionen Euro.

Im September 2004 sollen die zwei Hauptangeklagten, ein angeblicher 34-jähriger Journalist und ein 37-jähriger Schlosser aus Rumänien, beschlossen haben, junge Frauen in Rumänien zu beschaffen, um sie in Bordellen in Deutschland anschaffen zu lassen. Sie sollen zusammen mit ihren Komplizen auch Minderjährige in Puffs namens Airport-Muschi, Discount-Ladies oder FKK-Oase in Berlin, Kaiserslautern oder Schifferstadt gezwungen haben.

Die jungen Frauen, es sollen mehr als 20 gewesen sein, mussten laut Anklage 1000 Euro pro Woche abliefern. Bis zu 70 Freier hatten sie pro Tag zu bedienen - auch wenn sie Unterleibsschmerzen oder ihre Tage hatten. "Bei Hautkrankheiten oder Pilzerkrankungen hat man das Licht gedimmt", sagt Rechtsanwältin Michaela Spandau, die eine 29-jährige Rumänin vor Gericht in der Nebenklage vertritt.

Den Familien das Schlimmste angedroht

Gab es Beschwerden von Freiern, setzte es Geldstrafen von 500 bis 1000 Euro. Zudem fingen die Frauen in den Clubs mit Schulden an zu arbeiten, weil man ihnen die Reisekosten in Rechnung stellte. Zeitweise wurde ihnen der Pass abgenommen. Wollten die Frauen nicht so wie die Chefs, drohte man ihren Familien zu Hause in Rumänien das Schlimmste an.

Ende 2006 wurde der 37-Jährige in Frankfurt wegen Menschenhandels verhaftet und später zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt, sein Partner setzte sich nach Spanien ab. Aus dem Gefängnis heraus und von Madrid aus organisierten die Männer ihre Geschäfte weiter und entwickelten die Pussy-Club-Idee: Sex mit allen Frauen, so lange man will, so oft man will, wie man will - Flatrate-Sex. So entstand auch der Pussy-Club in Fellbach, der jedoch nach wenigen Wochen Betrieb am 26. Juli 2009 nach einer Razzia geschlossen wurde.

"Vor der Tür des Fellbacher Clubs standen am Wochenende mehr Männer Schlange als vor der besten Disco in Stuttgart", sagt Anwalt Jens Rabe, der wie seine Kollegin Michaela Spandau eine junge Rumänin vertritt, die von den Männern ausgebeutet worden sein soll. Die einzige Frau auf der Anklagebank, eine 23-jährige Rumänin, soll Beihilfe geleistet haben.

Die neun Männer und die Frau wollen vorerst zu den Vorwürfen schweigen. Verständigungsgespräche vor dem Prozess blieben ohne Ergebnis. Die Strafvorstellungen liegen zu weit auseinander. Mindestens den zwei Hauptangeklagten drohen Strafen im zweistelligen Bereich. Der Prozess wird in Stammheim am 15. März fortgesetzt.