Die 4. Große Jugendkammer hält den Angeklagten, der durch Gewaltdekilte und Schulschwänzen aufgefallen war, für nicht schuldfähig Foto: dpa

Ein Gutachter attestierte dem Angeklagten eine massive psychische Erkrankung. Darum hat die 4. Große Jugendkammer den Angeklagten für nicht schuldfähig erklärt, aber damit gedroht, ihn in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen, wenn er die Bewährungsauflagen nicht erfüllt.

Ein Gutachter attestierte dem Angeklagten eine massive psychische Erkrankung. Darum hat die 4. Große Jugendkammer den Angeklagten für nicht schuldfähig erklärt, aber damit gedroht, ihn in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen, wenn er die Bewährungsauflagen nicht erfüllt.

Stuttgart - Der Lebenslauf des 21-jährigen Angeklagten lässt Schlimmes erahnen: Als Kind erfuhr er Gewalt durch den Vater, er schwänzte notorisch die Schule, ohne einen Abschluss zu erreichen, und ist so oft beim Schwarzfahren erwischt worden, dass er im Sommer 2013 in Jugendarrest musste. Dass mit dem jungen Mann etwas nicht stimmen kann, befand nun auch ein Gutachter, der ihm eine massive, chronisch werdende psychische Erkrankung attestiert.

Darum hat die 4. Große Jugendkammer den Angeklagten für nicht schuldfähig erklärt, aber damit gedroht, ihn in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen, wenn er die Bewährungsauflagen nicht erfüllt.

Von September 2012 bis Februar 2013 ist mit dem Angeklagten immer wieder der Jähzorn durchgegangen. Er ohrfeigte seine Mutter, fügte deren Lebensgefährten mit einer Nagelrolle tiefe Schnittwunden zu, boxte einen Bekannten der Mutter und fing schließlich eine Schlägerei mit Polizeibeamten an. Alle Gewaltdelikte fanden in der Wohnung der Mutter statt.

Die ebenfalls seelisch kranke Frau hatte ihren Sohn, der in den letzten Jahren vor allem Marihuana geraucht hat, eines Tages rausgeschmissen. Von da an lebte er in Wohngruppen für Problemfälle, die ihn ebenfalls immer wieder vor die Tür setzten, weil er auch dort gegen die Regeln verstoßen hatte.

Dieses Lotterleben sollte jetzt vorbei sein, wenn der Angeklagte sich die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie ersparen will. Alle vier Monate muss er einen Drogentest machen. Bis er eine psychiatrische Rehabilitierungsmaßnahme gefunden hat, muss er sich beim gemeindepsychiatrischen Dienst einfinden. Und auch die ärztlich verordneten Medikamente darf der Angeklagte nicht absetzen.

Die Richterin räumt ein, dass es ungewöhnlich ist, eine Zwangseinweisung auf Bewährung zu verhängen. „Der Angeklagte stellt ein tragbares Risiko für die Öffentlichkeit dar. Er hat mehrmals gezeigt, dass er willens ist, sich zu ändern und sich seiner seelischen Krankheit zu stellen“, sagt die Richterin und kommentiert damit die Tatsache, dass sich der Angeklagte Anfang des Jahres selbst für zwei Wochen in ein psychiatrisches Krankenhaus hat einliefern lassen.

Von dem Plan des Angeklagten, den Hauptschulabschluss auf einer Volkshochschule nachzuholen, hat das Gericht ihm abgeraten. „Ich kann Sie natürlich nicht dazu zwingen, aber vielleicht ist es besser, wenn Sie sich erst mal um die akuteren Probleme kümmern“, so die Richterin.

Die Auseinandersetzung des Angeklagten mit der Polizei befand das Gericht als weniger schwerwiegend, als es die Staatsanwaltschaft zu Verhandlungsbeginn dargestellt hat. Auch wenn der Angeklagte die Prügelei unstrittig begonnen hatte, hat er einen Polizeibeamten mit einem Faustschlag nur gestreift. Dass sich dieser in der Folge mit Faustschlägen seinerseits die Hand brach, sei dem Angeklagten nicht zur Last zu legen.