Ein Plakat am Tatort in Offenbach erinnert an Tugce A. - die Studentin wurde in Offenbach brutal verprügelt und trug in der Folge tödliche Verletzungen davon Foto: dpa

Sie zeigte Zivilcourage und bezahlt nun mit ihrem Leben dafür. Die 22-jährige Studentin Tugce A. aus Offenbach soll am Freitag sterben – an ihrem Geburtstag.

Offenbach - Es geschieht in der Nacht zum 16. November, einem Sonntag, gegen vier Uhr früh. Tugce A. ist mit Freunden in einer McDonalds-Filiale in Offenbach zu Gast, als sie Schreie aus dem Toilettenbereich hört. Zwei minderjährige Frauen werden von mehreren Männern belästigt, wie Zeugen später berichten. Die türkischstämmige Lehramtsstudentin sei ihnen zu Hilfe geeilt und habe zu schlichten versucht. Es sei ein Akt von Zivilcourage gewesen.

Als Tugce A. eine Stunde später mit ihrer Gruppe das Fast-Food-Restaurant verlässt, wird sie offenbar schon erwartet. Auf dem Parkplatz kommt es zu einer Auseinandersetzung mit den Männern. Einer von ihnen schlägt ihr mit der Faust einmal heftig auf die Schläfe. Die 22-Jährige stürzt und prallt mit voller Wucht auf einen Stein. So schildern es zumindest die Zeugen. Tugce A. erleidet schwerste Kopfverletzungen.

Bald zwei Wochen ist das nun her. Am gestrigen Donnerstag nun teilte die Offenbacher Klinik, in der sie behandelt wird, mit, dass zwei Ärzte unabhängig voneinander den Hirntod der jungen Frau festgestellt haben. Aus dem Umfeld der Familie hieß es, dass die Geräte, die sie am Leben erhalten, an diesem Freitag abgestellt werden sollen. Es ist Tugces 23. Geburtstag.

Das Drama um die Studentin bewegt Menschen in ganz Deutschland. Vor Ort nehmen Freunde und Fremde mit Gebeten, Blumen und Geschenken Anteil. Ein Flur in der Klinik ist ihr Treffpunkt. Auf dem Fußboden stehen Blumensträuße, an den Wänden hängen bunte Plakate. „Gute Besserung“ hat jemand auf einen gelben Zettel geschrieben, auf einem weißen Blatt Papier wünscht jemand „Kraft für die Familie“. Drei Fotos zeigen Tugce A. als fröhliches Mädchen mit Gießkanne in der Hand, stolz in Festkleidung und als strahlende junge Frau. Die Bilder wirken wie ein letzter Gruß.

Die Polizei ermittelt auf Hochtouren in dem Fall und sucht nach weiteren Zeugen, insbesondere den beiden belästigten blonden Mädchen. Sie sollen zwischen 13 und 16 Jahre alt und stark betrunken gewesen sein. Der mutmaßliche Haupttäter, ein 18-Jähriger mit serbischen Wurzeln, sitzt in Untersuchungshaft und schweigt. Er sei polizeibekannt, gelte aber nicht als Intensivtäter, heißt es. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bisher wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen den 18-Jährigen. Es gibt nach ihren Angaben keine Hinweise auf eine Tötungsabsicht. Vor allem müsse nun geklärt werden, wie es zum Streit auf dem Parkplatz kam und wie dieser dann eskalierte.

Freunde und Familienangehörige haben schwere Vorwürfe gegen die McDonalds-Mitarbeiter erhoben. „Wenn junge Frauen auf der Toilette laut schreien und dann ein Mädchen zu Hilfe kommen muss, weil die Mitarbeiter nicht reagieren, das verstehe ich nicht“, sagte Ismail Tipi dem Hessischen Rundfunk. Der hessische CDU-Landtagsabgeordnete steht nach eigenen Worten in engem Kontakt zur Familie von Tugce A.

Auch eine Cousine, die als Augenzeugin dabei war, wirft den Angestellten vor, nicht genug getan zu haben. Die Männer hätten nicht nur die Mädchen, sondern auch andere Gäste belästigt. Eine weitere Zeugin berichtete, eine McDonalds-Mitarbeiterin habe Geld verlangt, als Freunde von Tugce A. um Wasser für die junge Frau baten. Da lag das Opfer bereits blutend vor dem Imbiss.

McDonalds weist alle Vorwürfe strikt von sich. Es gebe Videoaufzeichnung, die bewiesen, dass die Mitarbeiter sich korrekt verhalten hätten, so das Unternehmen.