Die Richter am Landgericht Stuttgart müssen im Strafprozess gegen einen Unternehmer aus Ditzingen noch viele offene Fragen klären. Foto: dpa

Betrug, Drogenhandel, Erpressung: rund 100 Delikte wirft die Staatsanwaltschaft einem Mann aus Ditzingen vor. Der Unternehmer streitet viele der Vorwürfe ab. Seine drei Verteidiger verweisen auf Lücken in der Ermittlungsarbeit.

Ditzingen - Schon beim Auftakt im April deutete sich an, was sich inzwischen mehr und mehr bewahrheitet: Der Prozess gegen einen Ditzinger Unternehmer, dem mehr als 100 Delikte vorgeworfen werden, wird die 17. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart noch eine ganze Weile beschäftigen – und einige Mühen kosten. Das wurde bei der Fortsetzung am Dienstag klar. Denn in vielen Punkten könnten die Darstellungen von Anklage und Angeklagtem über das, was in den Firmenbüros des 38-Jährigen passiert sein soll, kaum unterschiedlicher sein.

So wirft die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, Drogen gekauft und besessen zu haben. Auch soll er größere Mengen von Kokain bei Geschäftskontakten geordert haben, um das Pulver dann gewinnbringend zu verkaufen. Anders die Sicht des Ditzingers: er habe lediglich geringe Mengen Kokain von einem Geschäftspartner gekauft und dieses selbst konsumiert. Zu keinem Zeitpunkt habe er mehr als ein paar Gramm besessen. Zwar gab der Mann zu, die Drogen im Laufe der Zeit immer regelmäßiger und in immer kürzeren Abständen gekauft zu haben, zuletzt „ein bis zwei Mal pro Woche“. Mehrere Kilo habe er hingegen nie geordert und auch nicht die Absicht gehabt, sich mit Drogenhandel eine neue Einkommensquelle zu schaffen.

Angeklagter gibt zu, Drogen gekauft zu haben

Vehement bestreitet der 38-Jährige auch den Vorwurf, er habe kinderpornografisches Material auf seinem Computer gespeichert. Dieser Punkt der Anklage sei „unappetitlich“, sagte der Mann. Er habe nie derartige Seiten besucht und keine Bilder, Videos oder sonstige Dateien von dort heruntergeladen. Erschwert ist die Wahrheitsfindung für das Gericht in diesem Punkt, weil bestimmte Bereiche der Festplatte auf dem beschlagnahmten Rechner des Angeklagten nicht eingesehen werden können. Er habe den Ermittlern des Landeskriminalamtes sein Passwort zunächst verraten wollen, sagte der Angeklagte. Nachdem das Amt verschiedene Aussagen von ihm aber nicht überprüft habe, habe er sich umentschieden. Offenbar ist es den Ermittlern bis heute nicht gelungen, die abgesicherten Speicher auf dem PC zu öffnen und etwaige einschlägige Dateien sicherzustellen – die es laut dem Angeklagten gar nicht gibt.

Haben die Ermittler alle wichtigen Zeugen gehört?

Es ist nicht der einzige Punkt, an dem die Ermittler wohl nacharbeiten müssen. So wirft die Staatsanwaltschaft dem Ditzinger auch Versicherungsbetrug vor. Dabei soll eine Firma des Angeklagten teure Autos, darunter Marken wie Porsche und Aston Martin, geleast haben, um diese anschließend zu vermieten. Das sei der Versicherung aber nicht mitgeteilt worden. Laut dem Angeklagten war das aber durchaus der Fall: Er habe die Versicherungen über einen Generalvertreter abgeschlossen, der das Geschäftsmodell sehr wohl gekannt habe. Vor der Kammer stellte sich am Dienstag heraus, dass jener Vertreter von der Polizei offenbar nicht vernommen wurde. Die Richter wollen das nun nachholen.

Bereits an den vergangenen Verhandlungstagen hatten der Angeklagte und seine drei Verteidiger angebliche Lücken in der Ermittlungsarbeit angemerkt. In rund 20 weiteren Verhandlungstagen wird die Kammer viele Zeugen hören. Ob ein Urteil noch in diesem Jahr fällt, ist unklar.