Im Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen, Tim K., haben zwei Ärzte einer psychiatrischen Klinik die Aussage verweigert. Foto: dpa/Archivbild

Im Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen, Tim K., haben zwei Ärzte einer psychiatrischen Klinik die Aussage verweigert.

Stuttgart - Im neu aufgerollten Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden müssen Ärzte und Therapeuten einer psychiatrischen Klinik in Weinsberg nicht aussagen. Den zwei Ärzten und zwei Therapeuten stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Polachowski am Freitag in Stuttgart. Er begründete die Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts damit, dass Tim K. die Klinikmitarbeiter nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden habe. Zuvor hatten die vier Mitarbeiter die Aussage verweigert.

Der 17-Jährige, der im März 2009 bei einem Amoklauf 15 Menschen und sich selbst tötete sowie 14 weitere verletzte, war vor der Tat im Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg in Baden-Württemberg in Behandlung. Dabei soll er den Ärzten und Therapeuten von seinen Tötungsfantasien erzählt haben. Die Klinik erstellte nach der Tat einen Abschlussbericht, offenbar mit dem Ergebnis, dass von dem Jugendlichen keine Eigen- oder Fremdgefährdung ausgeht. Tims Vater steht vor Gericht, weil er die Tatwaffe unverschlossen aufbewahrt hatte.

Bereits im ersten Prozess Aussage verweigert

Polachowski sagte, die Ärzte und Therapeuten seien grundsätzlich dazu berechtigt, die Aussage zu verweigern. Die Schweigepflicht könne nur von der behandelten Person aufgehoben werden. Dem Richter zufolge gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass Tim K. die Mitarbeiter ausdrücklich davon entbunden habe. Die Entscheidung, ob sie nach Abwägung der Argumente aussagen, liege daher bei ihnen.

Polachowski stellte auch klar, dass das Recht, die Mitarbeiter von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, nach dem Tod von Tim K. nicht auf dessen Eltern übertragen worden sei. Damit hatten die Verteidiger des Vaters und einige der Nebenkläger argumentiert. Die Verteidiger erklärten, die Eltern hätten die Klinik-Mitarbeiter nun von der Geheimhaltung entbunden.

Bei ihrer Vernehmung machten die Ärzte und Therapeuten am Freitag nur allgemeine Angaben zu ihrer Funktion in der Klinik und zu Behandlungsabläufen. Zur Behandlung von Tim K. sagten sie mit Verweis auf die Schweigepflicht nicht aus. Die Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie sagte, Tim K. habe die Mitarbeiter nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden. Bereits im ersten Prozess gegen den Vater hatten Klinik-Mitarbeiter die Aussage verweigert.

Aussagen könnten bei Zivilklagen große Rolle spielen

Eine Aussage der Ärzte und Therapeuten hätte wahrscheinlich ohnehin keine allzu große Bedeutung für den neuen Strafprozess gehabt. Denn der Bundesgerichtshof hatte darauf hingewiesen, dass eine Verurteilung nicht davon abhängig sein muss, wie präzise der Vater über die psychische Erkrankung seines Sohnes Bescheid wusste. Im Zusammenhang mit möglichen Schadensersatzforderungen könnten die Aussagen hingegen eine große Rolle spielen.

Tim K. hatte den Amoklauf mit einer Waffe seines Vaters begangen, die unverschlossen aufbewahrt wurde. Der Vater war wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber wegen eines Verfahrensfehlers auf.