Mehrere Filmdateien von einem Smartphone überführten den Täter. Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Erst durch die Polizei hat eine junge Frau erfahren, dass sie vor Jahren Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden war. Sie hat keine Erinnerung an die Tat. Aufgedeckt wurde das Verbrechen nur, weil der Täter es mit seinem Handy filmte.

Waiblingen - Einer „Fleißarbeit“ der Polizei ist geschuldet, dass ein vier Jahre altes Verbrechen ans Licht gekommen ist. Drogenfahnder hatten in Waiblingen im Jahr 2017 Computer eines heute 33-Jährigen beschlagnahmt und ausgewertet. Dabei kamen zuerst mehrere Tausend kinder- und jugendpornografische Fotos und einige Videos zum Vorschein. Und unter diesen Videos fanden die Polizisten ältere Filmdateien, die eine unbekannte schlafende Frau zeigen, die von dem Mann sexuell missbraucht wird.

Die Betroffene ist schwer traumatisiert

Die Kriminalpolizei setzte alles daran, deren Identität herauszufinden – und hatte Erfolg. Die junge Frau war wie vom Schlag getroffen. „Ich kann mich nicht erinnern, bei ihm übernachtet zu haben“, sagte sie am Montag vor dem Waiblinger Schöffengericht aus, wo dem 33-Jährigen der Prozess gemacht wurde. Zitternd und sichtlich mitgenommen stand die 28-Jährige ihre Aussage durch. Dann verließ sie den Saal, obwohl sie als Nebenklägerin in dem Prozess auftrat. „Meine Mandantin ist psychisch derart mitgenommen, wie ich es noch nicht erlebt habe“, sagte ihr Anwalt.

Sie leide unter Angstzuständen, sei in einer Traumatherapie und habe Psychopharmaka nehmen müssen, um überhaupt an der Verhandlung teilnehmen zu können. „Wagen Sie es ja nicht, Kontakt zu ihr aufzunehmen“, warnte der Rechtsanwalt den Angeklagten, der ausgesagt hatte, er kenne den Bruder der 28-Jährigen bereits sein halbes Leben lang und schätze dessen ganze Familie. Die junge Frau bedeute ihm sehr viel. „Das war der größte Fehler, den ich in meinem Leben gemacht habe.“

An jenem Tag habe er unter Drogen gestanden, stundenlang Pornos auf dem Computer angeschaut. „Sie hat abends angerufen und gesagt, sie komme noch vorbei.“ Was dann genau geschehen ist, wie es dazu kam, dass die Frau einschlief, wurde nicht ganz klar. Der Staatsanwalt mutmaßte, ob sie von dem Angeklagten nicht sogar betäubt worden sei. Doch das war nach der langen Zeit nicht mehr zu rekonstruieren.

Die Strafe liegt knapp unter dem Höchstmaß

Das Gericht verhängte eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Die Höchststrafe, die von einem Amtsgericht ausgesprochen werden kann, beträgt vier Jahre. Da der Angeklagte bereits eine Haftstrafe für das Drogendelikt zur Hälfte abgesessen hat, die jetzt verhandelte Tat jedoch davor stattgefunden hatte, wurden beide Urteile verbunden. So muss er nun nochmals für vier Monate ins Gefängnis. Das sei zwar bitter, da sich der 33-Jährige während und nach der Haft in Therapie begeben hatte und im Begriff ist, sein Leben neu zu ordnen. „Allerdings handelt es sich um erhebliche Taten, die keine Bagatellen sind“, so der Vorsitzende Richter.