Eine Frau aus Waghäusel (Kreis Karlsruhe) kämpft vor dem Landgericht Karlsruhe um Schmerzensgeld wegen gesundheitsschädlicher Brustimplantate. Foto: dpa

Zwei Jahre wurde der Prozess wegen eines fehlenden Gutachtens ausgesetzt - jetzt hofft eine Frau vor dem Landgericht Karlsruhe weiter auf Schadenersatz wegen Brustimplantaten aus Billigsilikon. Doch die Zeichen stehen schlecht.

Karlsruhe - Eine Frau streitet seit Dienstag vor dem Landgericht Karlsruhe erneut um Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen Billigsilikonimplantaten: Ihr waren 2007 Brustimplantate aus Industriesilikon eingesetzt worden. Der Skandal um die minderwertigen Silikonkissen des inzwischen insolventen französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) hatte international für Aufsehen gesorgt. PIP hatte sie jahrelang verkauft; alleine in Deutschland sind etwa 5000 Frauen betroffen.

„Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, hätte ich mir niemals Implantate einsetzen lassen und wäre geblieben wie ich bin“, sagte Klägerin Iris Herold. Sie wirft ihrem damaligen Operateur vor, sie nicht ausreichend über die Risiken von Silikonimplantaten informiert zu haben. Der Arzt bestritt das und verwies auf einen umfangreichen Aufklärungsbogen - den hatte Herold seinerzeit auch unterschrieben. Ihre Implantate sind inzwischen ausgetauscht. Ein Urteil will das Gericht am 25. November verkünden.

Die Aussagen des Gutachters, auf dessen Expertise das Gericht für die Fortsetzung des Prozesses zwei Jahre gewartet hatte, entlasteten den beklagten Arzt zunächst. Umfassende Studien etwa zur Gefahr von Rissen bei Silikonimplantaten habe es 2007 noch nicht gegeben, sagte Experte Jürgen Dolderer, selber Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Dass die schädlichen PIP-Implantate eine höhere „Ruptur-Rate“ hatten als Produkte anderer Hersteller sei ebenfalls erst 2010 nach dem Auffliegen der dubiosen Geschäfte von PIP bekanntgeworden.

Auf der Anklagebank in Karlsruhe sitzt auch der PIP-Pflichtversicherer Allianz France und der für die Prüfung der Kissen zuständige TÜV Rheinland. Die Prüfstelle war in Frankreich zu Schadenersatz für rund 1600 Frauen verurteilt worden. In Deutschland hingegen entschieden diverse Gerichte bislang zugunsten der Prüfstelle. „Die betrügerischen Handlungen von PIP waren für TÜV Rheinland nicht erkennbar“, hieß es dazu am Dienstag in einer Mitteilung. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) ist dazu inzwischen angerufen.

Die Verantwortlichen von PIP waren vor einem Jahr in Marseille wegen Betruges zu zum Teil mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Anwälte von Iris Herold bereiten unterdessen eine Sammelklage von bis zu 300 in Deutschland betroffenen Frauen vor. Die Verjährungsfristen laufen spätestens im kommenden Jahr aus.