Großeinsatz der Polizei während des Amoklaufs in Winnenden Foto: Stoppel

400 000 Euro soll die Haftpflichtversicherung der Eltern des Amokläufers als Entschädigung für den Umbau der Albertville-Realschule bezahlen. Die Stadt hat dem vom Landgericht vorgeschlagenen Vergleich zugestimmt. Jetzt kommt es auf die Gegenseite an.

Winnenden - Mit nur einer Gegenstimme hat der Winnender Gemeinderat einem Vergleich zugestimmt, den das Stuttgarter Landgericht Stuttgart in dem Schadenersatzprozess der Stadt gegen die Eltern des Amokläufers Tim K. vorgeschlagen hat. Danach soll die Allianz als Haftpflichtversicherung des Vaters 400 000 Euro an die Stadt bezahlen. Die ursprüngliche Forderung der Stadt beläuft sich auf rund 5,3 Millionen Euro. Bis Freitag, 19. Dezember, haben die Prozessbeteiligten nun Zeit, sich zu entscheiden. Sollte es zu dem Vergleich kommen, wäre damit für die Stadt Winnenden die juristische Aufarbeitung des Amoklaufs abgeschlossen.

Der 55-jährige Vater des Amokläufers, der eine Verpackungsfirma besessen hatte, erklärte über seinen Anwalt, dass er über keine Mittel mehr verfüge. Seine Frau sei mittlerweile als Geschäftsführerin des Unternehmens eingetragen, sagte der Anwalt der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW), die parallel zur Stadt Winnenden eine Schadenersatzklage gegen die Eltern des Täters führt. Die 15. Zivilkammer des Landgerichts verhandelt beide Prozesse zusammen.

Auch im Fall der UKBW hat das Gericht einen Vergleich vorgeschlagen: Die Beklagten sollen 100 000 Euro in jährlichen Raten von 5000 Euro bezahlen. Die Forderung der UKBW beläuft sich auf eine Million Euro. Darin sind hauptsächlich die Heilbehandlungskosten enthalten, die für die Schwerverletzten entstanden waren, aber auch die Kosten für die psychologischen Betreuer, die sich nach dem Amoklauf um die Betroffenen gekümmert hatten. Schaffen es die Eltern in zehn Jahren, die Hälfte ohne Verzögerung zu bezahlen, sollen ihnen die restlichen 50 000 Euro erlassen werden.

Der Vorsitzende Richter hatte in dem Gütetermin am 28. November deutlich gemacht, die Eltern vor Gericht nach ihren Vermögensverhältnissen befragen zu wollen, sollten sie dem Vergleich nicht nachkommen. Fraglich ist jedoch, ob die UKBW dem Vergleich zustimmt, wie ihr Anwalt während des Gütetermins andeutete. Dazu müssten erst deren Gremien zustimmen. Die UKBW, bei der die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, aber auch Schüler und Studenten versichert sind, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

An der Seite der beklagten Eltern ist die Allianzversicherung als sogenannte Streithelferin am Prozess beteiligt. Der 55-jährige Vater des Amokläufers hatte bei ihr eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die Personenschäden bis zu zwei Millionen Euro sowie Sachschäden bis zu einer Million Euro abdeckt. Die zwei Millionen Euro für Personenschäden sind bereits ausbezahlt worden. Die Versicherung argumentiert, die Forderungen der Stadt seien ebenfalls als Personenschäden und nicht als Sachschäden einzustufen. Die Stadt macht Kosten geltend, die durch den Umbau der Albertville-Realschule entstanden sind und jenen für die Miete der Schulcontainer, in denen die Schule während des Umbaus untergebracht war.

„Ich halte den Vorschlag für einen gangbaren Weg“, hatte der Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth den Vergleichsvorschlag während des Gerichtstermins bezeichnet. Nun hat der Gemeinderat ihm die Genehmigung erteilt, diesen zu beschreiten. Der Anwalt der Allianz hatte im Prozess Holzwarths Aussage als ein positives Signal gewertet.