Im Prozess gegen vier Mitglieder der Autonomen Nationalisten Göppingen hat das Landgericht Stuttgart die Urteile gesprochen Foto: dpa

Das Stuttgarter Landgericht hat am Donnerstag vier Mitglieder der Autonomen Nationalisten Göppingen (ANGP) zu Haftstrafen von 14 bis 28 Monaten verurteilt.

Stuttgart/Göppingen - Für die Staatsschutzkammer bestehe kein Zweifel daran, dass es sich bei der im Jahr 2009 erstmals aufgetretenen Gruppe um eine kriminelle Vereinigung handele, sagte die Vorsitzende Richterin Manuela Haußmann. Ziel sei es gewesen, „das Filstal zu nazifizieren und braun zu halten“. Dazu habe man Sticker und Plakate in Göppingen verklebt und Runengraffiti an Wände gesprüht. Politisch Andersdenkende seien mit Gewalt eingeschüchtert worden.

Die Autonomen Nationalisten bezeichnete die Richterin als ausländerfeindlich, antisemitisch und rassistisch. Begriffe wie Judenrepublik, Nigger und Multikultibande hätten zum Sprachgebrauch gehört. Der Nationalsozialismus sei schamlos verherrlicht worden. Haußmann, die ihre Urteilsbegründung „wegen der Komplexität des Verfahrens“ schriftlich vorbereitet hatte, erwähnte als Beispiel eine Feier zu Hitlers Geburtstag im Jahr 2012. An der Wand eines Partykellers in Geislingen hätten ein Hitlerporträt und zwei Hakenkreuzflaggen gehangen. „Das war keine Nostalgie und erst recht kein Fetisch“, sagte Haußmann und widersprach damit der Verteidigung. Mehrere Angeklagte waren von bekannten Szeneanwälten vertreten worden.

"Bei keinem Angeklagten hat politisches Umdenken stattgefunden"

Vor diesem Hintergrund gab sich die Kammer keiner Illusion hin. „Bei keinem Angeklagten hat der Prozess zu einem wirklichen politischen Umdenken geführt“, sagte Haußmann, die allerdings differenzierte. So habe Daniel R., der in Göppingen das bekannteste Gesicht der ANGP gewesen war, schon kurz nach seiner Verhaftung mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet. Der heute 23-Jährige erhielt eine Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Er musste das Gericht durch einen Nebeneingang verlassen. Ein gutes Dutzend ehemaliger Kumpane, bei denen Daniel R. als Verräter gilt, hatten der Urteilsverkündung beigewohnt.

Sie hatten sich zu Beginn der Verhandlung erhoben – nicht als das Gericht den Saal betrat, sondern als Manuel M. und Manuel G. hineingeführt wurden. Die beiden erhielten Haftstrafen von zwei Jahren und zwei Monaten beziehungsweise zwei Jahren und vier Monaten. G. gilt als intellektueller Kopf der Gruppe und verantwortete die Homepage. Alle drei Männer wurden als Rädelsführer verurteilt. Der vierte Angeklagte, Stephan H., erhielt für seine Mitgliedschaft eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Er hatte zeitweise die Kasse der Kameradschaft geführt, die vom Gericht eingezogen wurde. Ihr Inhalt zuletzt: 23,80 Euro.

Seit Februar 2014 hatten M. und G. in Untersuchungshaft gesessen. Nach dem Urteil wurden sie vom Gericht zunächst auf freien Fuß gesetzt, weil das Urteil noch keine Rechtskraft besitzt. Innenminister Reinhold Gall (SPD), der die ANGP im Dezember 2014 verboten hatte, reagierte zufrieden. Das Urteil bestätige den harten Kurs gegen Rechts, sagte er. Gegen 13 weitere Angehörige der ANGP hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ebenfalls Anklage erhoben.