Weil ein mutmaßlicher Stalker ohne Anwalt zum Prozess kam, muss die Verhandlung neu terminiert werden Foto: dpa

Ein Mann, der seine Ex-Freundin verfolgt und bedroht haben soll, muss erneut vor Gericht erscheinen. Sein Prozess ist geplatzt, weil er ohne Anwalt aufgetaucht war.

Stuttgart - Seine Anwältin hat das Mandat am Vortag niedergelegt. Jetzt sitzt der 32-Jährige allein auf der Anklagebank des Amtsgerichts Stuttgart – und bekommt Muffensausen, als die Staatsanwältin am Dienstag die Anklageschrift verliest. Dem Stuttgarter wird zur Last gelegt, seine Ex-Freundin, die ihn im Februar verlassen hatte, verfolgt, bedroht und beleidigt zu haben, obwohl ihm der Kontakt zu ihr richterlich untersagt worden war. Seine Anwältin hatte ausrichten lassen, dass ihr ehemaliger Mandant geständig sei. Das hat er sich aber anders überlegt, nachdem er die Vorwürfe gehört hatte: „Davon stimmen nur 60 Prozent!“ Und: „Außerdem hat sie mir einen Schläger auf den Hals hetzen wollen!“

Im November 2014 hatte er die junge Frau kennengelernt. Während der kurz währenden Partnerschaft und danach habe der Angeklagte ein sehr unfeines Verhalten an den Tag gelegt: Einmal habe er die Frau genötigt, ihre Passwörter preiszugeben – ansonsten würde er ihrer Mutter erzählen, dass sie einer Nebentätigkeit als Gogo-Tänzerin nachgehe. Ein anderes Mal habe er ihrem Bruder mit extremer Gewalt gedroht, sie und ihre Mutter ehrenrührig beleidigt, oder die Verflossene an ihrem Arbeitsplatz im Krankenhaus besucht und auch dort angekündigt, über pikante Geheimnisse der junge Frau auszupacken. Nachdem dieser alles zu viel geworden war und sie eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte, die dem Angeklagten den Kontakt mit ihr verbot, wurde sie wochenlang mit SMS, Nachrichten in sozialen Netzwerken, Anrufen und persönlicher Kontaktaufnahme tyrannisiert.

Von der in Deutschland geltenden Strafprozessordnung versteht der momentan arbeitsuchende Gießer, dem der Prozess gemacht wird, nicht viel. Ständig ermahnt ihn die Richterin, Zwischenrufe zu unterlassen. Da er einschlägig vorbestraft ist, weil er schon in der Vergangenheit nach Trennungen pflegte, seine Ex-Freundinnen zu belästigen und nun nicht geständig ist, schließt das Gericht eine Haftstrafe ohne Bewährung nicht aus. Darum braucht er einen Pflichtverteidiger. Der Angeklagte benennt die Anwältin, die ihr Mandat kurz zuvor niedergelegt hatte. Damit endete der erste Prozesstag. Fortsetzung noch nicht bekannt.