Das Amtsgericht hat einen Stalker hinter Gitter geschickt Foto: dpa

Das Amtsgericht Stuttgart hat einen Mann zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er einen Anwalt und dessen Mitarbeiter terrorisiert hat.Unter anderem behauptete er, von dem Kläger sexuell missbraucht worden zu sein.

Stuttgart - Wer Stefan Holoch kennt, erlebt den Strafverteidiger als einen der humorvolleren Rechtsanwälte. Doch nicht so am Mittwoch vor dem Amtsgericht Stuttgart. Dort ist Holoch nämlich selbst als Opfer eines ehemaligen Mandanten im Zeugenstand. „Ich war noch nie so sauer auf einen Menschen wie auf den Angeklagten“, sagt Holoch, der etwas damit ringt, die Fassung nicht zu verlieren. Drei Monate hat der geständige 33-Jährige Holoch und dessen Mitarbeiter beleidigt, ihnen gedroht und den Arbeitsbetrieb beeinträchtigt, indem er beispielsweise erfundene Notfälle beim Rettungsdienst gemeldet hat, die sich in Holochs Kanzlei in der Königstraße ereignet hätten. Zu allem Übel hat er Holoch auch noch angezeigt. Dafür muss der 33-Jährige jetzt für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und zwei Monate beantragt, Verteidiger Thomas Weiskirchner für eine milde Strafe plädiert.

Holoch hat den mehrfach straffällig gewordenen Angeklagten seit dem 14. Lebensjahr in etwa zehn Fällen vertreten, in denen es um Betrug, Diebstahl, Körperverletzung und andere Delikte ging. Ende 2013 kam es zum Zerwürfnis. Der Angeklagte soll eine Praktikantin des Anwalts sexuell beleidigt haben, als diese seine Avancen zurückgewiesen hatte. Holoch erteilte ihm Hausverbot.

„Nach einigen beleidigenden Anrufen wurde es schnell wieder ruhig“, erinnert der Anwalt, „dann ist dieser Mensch zum Glück für einige Monate in den Knast gewandert.“ Doch der Zorn des Stalkers, der wohl aus gekränktem Stolz wegen des Rauswurfs resultierte, sollte sich auch hinter Gittern nicht legen. Im November 2013 begann er erneut damit, die Anwaltskanzlei zu terrorisieren. „Bis zu 50-mal am Tag hat er angerufen und mich als Kinderschänder und Steuerhinterzieher beleidigt“, sagt Holoch, „allein seine mir sattsam bekannte Stimme konnte ich nicht mehr ertragen. Ich will, dass dieser Mensch aus meinem Leben verschwindet.“

Der Angeklagte hat Holoch nicht nur beleidigt, sondern den Anwalt auch angezeigt, ihn früher sexuell missbraucht zu haben. Eine frei erfundene Geschichte. „Können Sie sich vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man auf der Polizeiwache zu so einem Schwachsinn auch noch Stellung nehmen muss?“, poltert Holoch. Der Strafverteidiger, der in den 1970ern unter anderem Sven Bader im RAF-Prozess vertreten hatte, wollte sich nicht bedrohen lassen. „Ich habe die Erneuerung meines Waffenscheins beantragt und in der Kanzlei und zuhause Baseballschläger deponiert“, sagt er.

Wortkarger dagegen präsentierte sich der Angeklagte, der seit dem achten Lebensjahr, als er nach Deutschland kam, eine eher ruhmlose Karriere zu verbuchen hat. Schulabbruch in der siebten Klasse, in seinem ganzen Leben nur zehn Tage gearbeitet, zerstritten mit allen sechs Geschwistern, übergewichtig. Er lebt vom Taschengeld seiner Mutter, bei der er auch in Bad Cannstatt wohnt. Etwas konträr wirkt dazu, dass der Angeklagte in einem psychologischen Gutachten aus dem Jahr 2008 angegeben hatte, sein Ziel sei, Milliardär zu werden. Momentan hat er 400 000 bis 500 000 Euro Schulden verursacht. Bei seinem Schlusswort brach der Angeklagte in Tränen aus. Er beteuerte, wie leid ihm alles tue.