Im Prozess gegen Mitglieder der Göppinger Autonomen Nationalisten wird in Kürze das Urteil gesprochen Foto: dpa

Im Prozess um die mutmaßlich führenden Köpfe der Autonomen Nationalisten Göppingen (ANGP) haben sechs Rechtsanwälte am Montag Freispruch für ihre drei Mandanten gefordert. Viele Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien haltlos.

Stuttgart/Göppingen - Im Prozess um die mutmaßlich führenden Köpfe der Autonomen Nationalisten Göppingen (ANGP) haben sechs Rechtsanwälte am Montag Freispruch für ihre drei Mandanten gefordert. Viele Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien haltlos, sagten sie, einige sprachen von „Vermutungen“ und sogar „Unterstellungen“. Nur ein Verteidiger-Duo schlug andere Töne an.

Die Staatsanwaltschaft hatte Strafen von bis zu zwei Jahren und neun Monaten Haft für Rädelführerschaft in einer kriminellen Vereinigung gefordert. Die vier Angeklagten im Alter von 23 bis 34 Jahren seien für mehrere Aufkleberaktionen, Störmanöver und Auseinandersetzungen verantwortlich. Ende 2014 wurden die Gruppe von Innenminister Reinhold Gall (SPD) verboten. Anklagen gegen weitere mutmaßliche Mitglieder sind auf dem Weg.

Die sechs Rechtsanwälte der Angeklagten Manuel G., Manuel M. und Stephan H. machten deutlich, dass es an einer wesentlichen Grundvoraussetzung für eine Verurteilung fehle: Einen gemeinsamen Willen, Straftaten zu begehen, habe es bei der ANGP nicht gegeben. Nur über die legalen Aktionen habe man sich abgestimmt, nicht aber über die Farbschmierereien. Sie könnten deshalb nicht pauschal den Angeklagten zur Last gelegt werden. Zudem seien solche Sachbeschädigungen ganz am untersten Rande der Strafbarkeit anzusiedeln. „Mehrjährige Haftstrafen dafür zu verhängen – das würde wirklich an politische Justiz grenzen“, sagte der Rechtsanwalt Andreas Wölfel.

Straftaten spielten nur eine untergeordnete Rolle

Legale politische Aktionen hätten bei den ANGP im Vordergrund gestanden und Straftaten eine untergeordnete Rolle gespielt, sagte der Anwalt Alexander Heinig. Unter den 177 gelisteten Tätigkeiten der ANGP befänden sich allenfalls 41 illegale. Eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit lasse sich nicht ausmachen. Zu behaupten, die Angeklagten hätten als Gründer und Rädelsführer der ANGP einen Sturz des politischen Systems angestrebt, sei grotesk, führte Wölfel weiter aus. „Es dürfte in der Weltgeschichte einmalig sein, einen Umsturz mit Aufklebern und Plakaten zu erreichen, die beim ersten Regen wie nasse Lappen herunterhängen.“ Die NS-Symbole im Keller sprechen weniger für eine politische Überzeugung, als für „Nostalgiepflege, einem gewissen Fetisch“.

Andere Töne schlug hingegen das Verteidiger-Duo von Marco R. an, für den die Staatsanwaltschaft ein Jahr und sechs Monate Jugendstrafe gefordert hatte. „Man wollte provozieren in Göppingen,“ erklärte Hans Steffan und zählte auf: Hakenkreuze, SS-Runen, Adolf Hitler, Rudolf Hess, Begriffe wie Judenpack und Judensau, Parolen gegen Zuwanderung. „Es widert mich an, wenn ich hier als Reaktion einiger Angeklagter nur ein Grinsen wahrnehme“, sagte der Anwalt. Die ANGP habe ein Klima erzeugt, in dem andere sich nicht mehr wohlfühlten. Das habe Gegenreaktionen provoziert, und so entwickelte sich eine erhebliche Gefahr für die Öffentlichkeit. Trotz eines umfassenden Geständnisses sei für ihren Mandanten wohl eine Jugendstrafe nötig, machte das Duo deutlich. Diese solle aber – schon wegen seiner Abkehr und der positiven Prognose – deutlich niedriger liegen als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Das Urteil soll am Donnerstag, 13. August, gesprochen werden.