Zwei junge Männer kommen mit einem blauen Auge davon Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat zwei junge Männer lediglich wegen Körperverletzung verurteilt. Die Angeklagten waren aus Rache mit einem Auto auf zwei junge Menschen zugefahren und hatten diese verletzt.

Stuttgart/Esslingen - Das Landgericht Stuttgart hat zwei 18 und 19 Jahre alte Burschen wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise Beihilfe dazu mit Bewährungsstrafen belegt. Damit sind die zwei Angeklagten mit einem blauen Auge davongekommen. Denn die Staatsanwältin hatte auf versuchten Mord plädiert.

Es sollte eigentlich eine ausgelassene Geburtstagsparty werden, die der 19-jährige Angeklagte mit zwei Freunden, einer davon ebenfalls auf der Anklagebank, im November 2013 in einer Esslinger Discothek verbringen wollte. Doch nach dem Discobesuch geriet das Trio mit einer jungen Frau und deren Cousin aneinander. Der Cousin und der 19-jährige Angeklagte, beide erheblich alkoholisiert, prügelten sich. Der Cousin der Frau schlug dem 19-Jährigen ins Gesicht.

Gekränkt von seiner Niederlage setzte sich der Unterlegene auf den Fahrersitz des Autos – obwohl ein Kumpel, der nichts getrunken hatte und auch nicht angeklagt ist, eigentlich hätte fahren sollte.

„Plötzlich war die Idee in der Luft, sie zu überfahren“, sagt der 19-jährige Hauptangeklagte. „Nicht beide, nur ihn“, korrigiert er sich. Die 24-Jährige habe ja nichts getan. Danach habe er einen Blackout gehabt und sei erst wieder zu sich gekommen, als die Opfer bereits verletzt worden waren. Filmrisse wie diesen habe er schon öfter gehabt. „Ich leide an Impulskontrollstörungen“, sagt der Angeklagte. Fünf Monate sei er deswegen in der Psychiatrie gewesen.

Etwas weniger nebulös sind die Schilderungen des jüngeren Angeklagten. „Wir haben das mit dem Überfahren nicht ernst gemeint“, sagt er. Doch dann habe der Dritte im Bunde die Geschädigten in Bahnhofsnähe entdeckt – woraufhin der Fahrer auf sie zufuhr, „um das Opfer zu verletzen“, nicht aber zu töten, wie der ältere Beschuldigte beteuert. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders: Ein Auto als Waffe einzusetzen, auch wenn die exakte Geschwindigkeit des Fahrzeugs nicht geklärt werden konnte, hätte den Tod der Geschädigten bedeuten können, die mit Schädel-, Brust- und anderen Prellungen sowie einer Gehirnerschütterung davonkamen.

Die Angeklagten rasten in dem Renault, den der 19-Jährige wenige Wochen zuvor in Ruit gestohlen hatte, mit geplatztem Reifen Richtung Ostfildern davon. Dort endete die Fahrt in einem Straßengraben.

In ihrem Rauschzustand fiel den Tätern nichts Besseres ein, als den Wagen kurz und klein zu schlagen. Hierzu bediente sich der Fahrer eines Teleskopschlagstocks, mit dem er die Scheiben des Fahrzeugs einschlug, seine Freunde traten zusätzlich auf den Wagen ein. Keine 500 Meter weiter wurden die jungen Männer von der Polizei aufgegriffen, die zuvor von Passanten alarmiert worden waren.

Die 20. Jugendstrafkammer hat die zwei Angeklagten am Montag zu zwei beziehungsweise zu einem Jahr Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt. Der 19-Jährige wurde der gefährlichen Körperverletzung, des Autodiebstahls, des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr für schuldig befunden. Sein 18-jähriger Kumpel, ein frisch gebackener Vater, ist der Beihilfe schuldig. Das Gericht sah anders als die Staatsanwältin keine Mordmerkmale und auch keinen Tötungsvorsatz. Der 19-Jährige habe die Opfer lediglich verletzen wollen. Die Angeklagten müssen jeweils 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Ob die Staatsanwaltschaft Revision gegen das milde Urteil einlegen wird, ist noch nicht entschieden.