Landgericht verurteilt Foto: dpa

Die Taten, die eine heute 27-jährige Waiblingerin einem 56-Jährigen vorwirft, sind lange her: Im Sommer 2000, als die Geschädigte zwölf beziehungsweise 13 Jahre alt war, soll er sie siebenmal vergewaltigt haben. Der Mann wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.

Waiblingen/Stuttgart - Die Taten, die eine heute 27-jährige Waiblingerin einem 56-Jährigen vorwirft, sind lange her, aber noch nicht verjährt: Im Sommer 2000, als die Geschädigte zwölf beziehungsweise 13 Jahre alt war, soll er sie siebenmal vergewaltigt haben. Aus Angst davor, sich dem Erlebten stellen zu müssen, zögerte die junge Frau, eine ehemalige Förderschülerin, lange Zeit, bis sie den damaligen Geliebten ihrer Mutter schließlich doch anzeigte.

Die 17. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart stellte die lange Zeit, die seit damals vergangen ist, vor einige Herausforderungen – dennoch sehen die Vorsitzende Richterin Jasmin Neher-Klein und die beiden Schöffen mindestens zwei der Taten als erwiesen an. Wegen zweifacher Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen verurteilten sie den Mann zu drei Jahren Haft.

Damit blieb das Gericht unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von viereinhalb Jahren. „Sie haben zwar Gewalt angewandt, indem Sie sie während der Taten festgehalten haben. Aber es gab keine Schläge, und sie haben kein Messer verwendet“, hielt Neher-Klein dem Verurteilten zugute. Außerdem sei der Mann nach dem Jahr 2000 nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Von weiteren fünf Vorwürfen sprach das Gericht den Angeklagten frei. Nicht, dass das Gericht den Aussagen des Opfers nicht geglaubt hätte. Doch die Erinnerung der jungen Frau an diese Fälle war zu vage.

In zwei Fällen war das jedoch anders. An die erste Vergewaltigung erinnerte sich die Geschädigte auch in Details – etwa daran, welches Kleid sie damals getragen hatte oder dass der Täter ihre Geschwister zum Eis essen geschickt und die Rollläden herunter gelassen hatte, bevor er sich im Zimmer ihres Bruders an ihr verging. Auch bei einer späteren Tat, als der Freund ihrer Mutter sie in seinem Taxi vergewaltigte, blieben dem Mädchen Details im Gedächtnis haften und tauchten in Briefen und bei Vernehmungen immer wieder auf.

Einen weiteren Hinweis darauf, dass sich die Taten ereignet haben, sah die Richterin darin, dass sich die junge Frau bis heute Vorwürfe macht. „Das Gefühl selbst schuld zu sein, ist opfertypisch“, sagte sie. Sogar die Mutter des Opfers hatte ihm vorgeworfen, an den Vorfällen Schuld zu sein. Die Frau hatte ihren Liebhaber aber immerhin vor die Tür gesetzt, nachdem die Übergriffe innerhalb der Familie bekannt geworden waren. Die heute 27-Jährige hat im Lauf ihres Lebens offenbar noch weitere Erfahrungen mit sexueller Nötigung gemacht. Sie leidet bis heute unter Flashbacks. Das Gericht sah es aber als ausgeschlossen an, dass sie ihre Erlebnisse fälschlicherweise auf den Angeklagten projiziert hat – dazu seien sein Name und Details zu früh erwähnt worden.