Mitte September sind bundesweit in sieben Großstädten Demonstrationen gegen das Freihandelsabkommen Ceta (wie hier Ende Juni in Berlin) geplant. Foto: dpa

Der Zwist um die Freihandelsabkommen bringt die Grünen in Bredouille. Auf Bundesebene unterstütze sie den Protest – im Südwesten werbe sie für Ceta und TTIP, rügt die Linkspartei. „Wir dürfen den Grünen die Verarschung der Leute nicht durchgehen lassen“, betont Landesgeschäftsführer Strasdeit.

Stuttgart - An diesem Dienstag will die EU-Kommission darüber befinden, ob sie die nationalen Parlamente an der Billigung des Freihandelsabkommens Ceta mit Kanada beteiligen will. Es sieht laut der EU-Kommission die Abschaffung von 99 Prozent aller Zölle vor. Die Ankündigung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die Parlamente außen vor zu lassen, weil es sich bei Ceta um ein reines EU-Abkommen handele, hatte vielerorts in den Mitgliedsstaaten für Unmut gesorgt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will auf jeden Fall den Bundestag damit befassen – und die Linksfraktion hat angekündigt, die Ratifizierung von Ceta mit einer Verfassungsbeschwerde zu bekämpfen. Das geplante Abkommen sei grundgesetzwidrig. Kritisiert werden unter anderem die Intransparenz der Verhandlungen und die mangelnde Bürgerbeteiligung. Ende Mai hatten bereits die Nichtregierungsorganisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie eine Klage gegen Ceta in Karlsruhe angekündigt.

Sollte EU-Handelskommissarin Cecila Malmström an diesem Dienstag die Juncker-Haltung bestätigen, dürfte dies die vorbereiteten Proteste gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP massiv befeuern. Am 17. September sind flächendeckend in sieben Großstädten Demonstrationen (Stuttgart, Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München) geplant. Für den Aufruf ist ein bundesweites Netzwerk aus 26 Organisationen verantwortlich.

Die Wirtschaft macht Druck auf Kretschmann

Der Widerstand gegen Ceta und TTIP bringt offensichtlich auch die Landesregierung in Bredouille: Baden-Württemberg sei das einzige Land, in dem keine Partei in dem Bündnis erwünscht sei, weil die Grünen dies nicht wollten, sagt der Landesgeschäftsführer der Linkspartei, Bernhard Strasdeit. Dies führe zu der zwiespältigen Situation, dass die Grünen (wie auch die Linke) auf Bundesebene den Trägerkreis unterstützten – während im Südwesten das Gegenteil passiere: Hier mache Ministerpräsident Winfried Kretschmann Werbung für die Freihandelsabkommen. „Wir dürfen den Grünen die Verarschung der Leute nicht durchgehen lassen“, betont Strasdeit.

Die konträre Haltung der Landesgrünen dürfte nicht zuletzt mit dem Druck durch die Wirtschaft zu tun haben: Nach dem Brexit-Votum sei es umso wichtiger, die Beziehungen zu anderen Wirtschaftsräumen zu vertiefen, mahnt der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg, Peer-Michael Dick: „Wichtige Handelsabkommen wie TTIP oder Ceta müssen zügig zum Abschluss gebracht werden.“ Allerdings äußert auch Dick Unverständnis über die Brüsseler Pläne, Ceta an den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten vorbei abzuschließen: „Manche in der EU scheinen den Schuss, der vom Brexit-Referendum ausgegangen ist, noch nicht gehört zu haben“, mahnt er mehr Beteiligung an.