In der Nufringer Hauptstraße soll eine verkehrsberuhigte Zone geschaffen werden, in der Tempo 20 gilt Foto: factum/Weise

Der Rechtsstreit wegen des Tempo-20-Protests von Bernd Lang ist beendet. Der Gemeinderat aus Nufringen (Kreis Böblingen) hat das Bußgeld nun zähneknirschend entrichtet, nachdem er vor dem Amtsgericht und auch vor dem Oberlandesgericht gescheitert ist.

Stuttgart/Nufringen - Der Rechtsstreit wegen des Tempo-20-Protests von Bernd Lang ist beendet. Der Gemeinderat aus Nufringen (Kreis Böblingen) hat das Bußgeld nun zähneknirschend entrichtet, nachdem er vor dem Amtsgericht und auch vor dem Oberlandesgericht gescheitert ist.

„Zum Glück hat meine Versicherung die Verfahrenskosten übernommen“, berichtet der 55-jährige Elektromeister. Sonst wären weitere rund 2500 Euro fällig geworden. Das Oberlandesgericht in Stuttgart hatte zuletzt seine Rechtsbeschwerde gegen den Bußgeldbescheid abgelehnt, den er wegen zu langsamen Fahrens in der Nufringer Hauptstraße erhielt. Lang hatte auf eine weitere mündliche Verhandlung gehofft. Doch hielt es das Gericht nicht für geboten, den Fall noch einmal aufzurollen.

Im Frühjahr vergangenen Jahres war der 55-Jährige absichtlich mit seinem VW-Bus mit 20 Sachen durch den Ortskern getuckert, weil er das geplante Tempolimit von 20 Stundenkilometern „für völligen Quatsch“ hält. In einem Teil der Hauptstraße gilt bereits Tempo 30, in einem angrenzenden Abschnitt Tempo 50. Die Gemeinde will dort den Ortskern sanieren und die Durchfahrtsstraße beruhigen. „Darüber haben wir im Gemeinderat schon heftig gestritten“, sagt Lang, der als Mitglied der Freien Liste dem Gremium angehört. „Wenn Tempo 20 kommt, kann man keinen Radfahrer mehr überholen“, klagt er. Im Ortskern drohe künftig ein Stau nach dem anderen. Deshalb habe er demonstrieren wollen, wie es ist, „wenn dieses Schneckentempo gefahren wird“.

Tatsächlich hatte Lang damit einen anderen Verkehrsteilnehmer auf die Palme gebracht. Ein 36 Jahre alter Autofahrer war an jenem Märzmorgen von Affstätt in Richtung Böblingen durch Nufringen unterwegs gewesen. Er zeigte Lang an. Das Landratsamt schickte ihm einen Bußgeldbescheid über 35 Euro, gegen den der streitbare Kommunalpolitiker Widerspruch einlegte. Und die Sache landete vor dem Böblinger Amtsgericht. „Ich dachte zuerst, der VW-Bus hat eine Panne“, erklärte der 36-Jährige dem Amtsrichter. Doch dann habe er die Schilder in der Heckscheibe und beim Überholen auf der Seitenscheibe entdeckt und kapiert, worum es dem Fahrer gegangen sei: um den Protest gegen die geplante Geschwindigkeitsbegrenzung. Der 36-Jährige beobachtete zudem, wie der VW-Bus später in demselben Schleichtempo in die entgegengesetzte Richtung fuhr.

Eine von dem 36-Jährigen alarmierte Polizeistreife jedenfalls stoppte den 54-Jährigen an jenem Märzmorgen und wies darauf hin, dass er so langsam nicht fahren dürfe und ein Verkehrshindernis sei. Auch der Amtsrichter erklärte später in der Verhandlung: „Wenn Tempo 50 gilt, ist auch Tempo 50 zu fahren, wenn nichts dagegen spricht. Wer dann bloß Tempo 40 auf dem Tacho hat, ist bereits ein Hindernis.“ Er solle froh sein, dass ihm keine Nötigung zur Last gelegt werde, sagte Richter Horst Vieweg zu dem Mann am Ende der Verhandlung. Der Amtsrichter zeigte dafür kein Verständnis und erhöhte das Bußgeld auf 50 Euro. Durch die anfallenden Gebühren waren nun 13,50 Euro zusätzlich zu entrichten. „Sie behinderten den Verkehr und produzierten unnötige Abgase“, lautete die Urteilsbegründung.

„Für mich ist diese Sache jetzt abgehakt“, sagt Lang nun etwas bitter. Obgleich die Pläne für die Verkehrsberuhigung noch nicht vom Tisch sind. Die Entscheidung darüber soll noch vor der Sommerpause fallen. Das Ziel ist es, die Zahl der Fahrzeuge, die durch den Ort rollen, erheblich zu verringern. 8000 Verkehrsteilnehmer wurden zuletzt an einem Werktag gezählt. Das soll sich ändern, wenn die nahe liegende Bundesstraße 14 ausgebaut ist. „Doch zieht sich das Vorhaben in die Länge“, sagt Lang, „weil das für die Planung federführende Regierungspräsidium überlastet ist.“ Die Behörde verweist ans Landratsamt. Dort heißt es, die Planung sei fertig, der Baubeginn stehe aber noch nicht fest.

Wenn es nach der Nufringer Bürgermeisterin Ulrike Binninger geht, wird die Verkehrsberuhigung dennoch im nächsten Jahr in Angriff genommen. Selbst wenn einige Gewerbetreibende gegen das Vorhaben sind, weil sie eine geringere Kundenfrequenz befürchten. „Die Händler und alle Bürger werden von dem Umbau etwas haben“, verspricht dagegen die Rathauschefin, „er wird die Aufenthaltsqualität verbessern.“ Kritiker wie Lang weisen jedoch darauf hin, dass sich bei schmaleren Spuren und bei Stau der Verkehr in die Wohngebiete verlagern könnte, solange die B 14 nicht ausgebaut ist.

„Es wird eine spannende Abstimmung geben“, meint Lang. Bisher seien lediglich die SPD und die Frauenliste für die Verkehrsberuhigung. Sie haben zusammen im Gemeinderat fünf Sitze. Eine Mehrheit der Freien Liste und der CDU mit insgesamt neun Mandatsträgern sei mehrheitlich dagegen. Doch sind einige als Anlieger der Hauptstraße befangen. Auch Lang hat dort ein Geschäft – und wird deshalb kein Votum abgeben dürfen.