Die Leonhardsstraße wird durch einen Poller zur Fußgängerzone Foto: Leif Piechowski

Die öffentliche Diskussion um das Thema Prostitution in der Stuttgarter Altstadt schlägt auch im Rathaus hohe Wellen. Die SPD wirft Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) jetzt vor, das angekündigte Konzept zur Bekämpfung der Elendsprostitution schuldig zu bleiben.

Die öffentliche Diskussion um das Thema Prostitution in der Stuttgarter Altstadt schlägt auch im Rathaus hohe Wellen. Die SPD wirft Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) jetzt vor, das angekündigte Konzept zur Bekämpfung der Elendsprostitution schuldig zu bleiben.

Stuttgart - Weil sie nach Ellwangen zieht, hat SPD-Stadträtin Ariane Bergerhoff bei der vergangenen Gemeinderatswahl nicht mehr kandidiert. Sie war aber überzeugt, dass der von OB Fritz Kuhn angekündigte Plan zur Eindämmung der Elendsprostitution vor der Sommerpause vorliegt, sozusagen als ihr Abschiedsgeschenk. Denn für eine Verbesserung der Situation der Prostituierten habe sie sich mit ihrer Fraktion seit über einem Jahr starkgemacht. „Im Frühjahr sollte ein Grundtext vorliegen. Den gibt es bis heute nicht. Vermutlich fehlt der Mut, das Thema anzupacken“, sagt Bergerhoff.

Die Stadträtin wirft dem OB „Fahrlässigkeit“ vor , weil seit dem ersten Antrag ihrer Partei zur Bekämpfung der Armutsprostitution nur Absichtserklärungen abgegeben worden seien. Laut Geschäftsordnung des Gemeinderats, müsse der OB schriftliche Anfragen innerhalb von drei Wochen und Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung oder referatsübergreifende Vorgänge innerhalb von sechs Wochen beantworten.

Die CDU äußert sich zurückhaltender, ist aber ebenfalls „überrascht“: „Wir haben auch vor der Sommerpause mit einem entsprechenden Papier gerechnet. Mittlerweile erschwert zwar ein Poller in der Leonhardsstraße den Freierverkehr. Mehr ist nicht passiert. Das ist enttäuschend“, stellt CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmidt fest. Der Poller machte die Leonhardstraße zwischen Jakob- und Weberstraße zunächst ein Jahr auf Probe zur Fußgängerzone. Am Mittwoch beschloss der Gemeinderat, dass der Poller von Dauer sein soll und den Autoverkehr von 14 bis 5.30 Uhr aussperrt.

In dem Konzept gegen Elendsprostitution soll es unter anderem darum gehen, den Bordellbetrieb zu kontrollieren, potenzielle Freier durch eine Kampagne aufzuklären und Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen, zu unterstützen, zum Beispiel auch durch das Bereitstellen einer Ausstiegswohnung. Beteiligt sind das Gesundheitsamt, das Referat Städtebau und Umwelt, das Sozialreferat und, federführend, das Referat Recht, Sicherheit und Ordnung. „Es sind noch nicht alle Informationen da. Aber alle Ämter arbeiten daran. Außerdem müssen wir warten, was auf bundesgesetzlicher Ebene passiert“, sagt Hermann Karpf, Referent von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer.

Dass dem Gemeinderat das Konzept bisher noch nicht vorgelegt wurde, begründet OB-Sprecher Andreas Scharf ebenfalls damit, dass an den Vorschlägen noch gearbeitet wird und sie zum Herbst vorliegen. Das sei auch der von Kuhn angekündigte Termin. Zu dem Vorwurf der SPD, der OB habe sich nicht an Fristen gehalten, will er sich nicht äußern. Generell gehe aber Qualität vor Tempo.

Grünen-Stadträtin Silvia Fischer hält es für „prinzipiell positiv“, dass ein solches Konzept erarbeitet wird, und die Vorwürfe der SPD für ungerechtfertigt. „Ein so facettenreiches Handlungsfeld wie ein Plan zur Bekämpfung der Armutsprostitution lässt sich nicht von heute auf morgen erledigen“, sagt sie und sieht auch die Gleichstellungsbeauftragte Ursula Matschke in der Pflicht „zu liefern“. Die war ursprünglich für die Öffentlichkeitskampagne zuständig. Mittlerweile soll die Kampagne von einer Werbeagentur gemacht und ausgeschrieben werden. Auch das ist noch nicht passiert.