Ein Jobvermittler wurde in Stuttgart wegen sexueller Nötigung verurteilt Foto: dpa

Ein Arbeitsvermittler hat die missliche Lage von Ex-Prostituierten schamlos ausgenutzt. Er bedrängte sie sexuell und wurde dafür verurteilt.

Stuttgart - Der Angeklagte, ein Arbeitsvermittler, wirkt wie ein lieber Onkel. Diesen Ruf hatte er auch in seinem Dorf im Kreis Heilbronn und bei seinem Arbeitgeber, der Agentur für Arbeit in der Nordbahnhofstraße genossen. Doch am Montag hat sich der 62-Jährige vor dem Amtsgericht Stuttgart den Vorwürfen der sexuellen Nötigung und des schweren Amtsmissbrauchs stellen müssen.

Er gestand, zwei ehemalige Prostituierte in seinem Dienstzimmer sexuell genötigt und ihnen Vorteile bei der Jobsuche versprochen zu haben. Das Gericht hat den Täter zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 10 000 Euro, die er einem Frauenhilfsprojekt bezahlen muss. Der Täter hat sich bei seinen Opfern persönlich entschuldigt.

Was den Mann dazu gebracht hat, seinen Ruf und seine Arbeit so fahrlässig zu gefährden, konnte nicht geklärt werden. Laut Anklageschrift habe der Angeklagte im Oktober 2012 und fast genau ein Jahr später jeweils eine Frau in einem Förderprogramm der Arbeitsagentur empfangen, um ihnen zu Arbeit außerhalb des Sexgewerbes zu helfen. Was der Mann gerne bereit war zu tun – doch nur gegen gewisse Gegenleistungen, die er für sein Bemühen verlangte.

Er nutzte seine Vormachtstellung aus und forderte sexuelle Handlungen gegen Jobs. Dabei konnte es ihm offenbar nicht schnell genug gehen: Er verschloss in beiden Fällen die Tür, ließ den Schlüssel aber von innen stecken. Dann berührte er die Ex-Prostituierten unsittlich und onanierte vor einer der Frauen. Dass die Tür von innen verschlossen war, so die Staatsanwaltschaft, diente in erster Linie nicht dazu, die Opfer festzuhalten, sondern zu verhindern, beim Amtsmissbrauch erwischt zu werden. Der Täter ließ nach Aussage der Opfer schließlich von ihnen ab, als diese deutlich machten, nicht auf die unmissverständlichen Angebote des Angeklagten eingehen zu wollen oder ihn, wie eines der Opfer sagte, zum Schein auf ein anderes Mal vertröstet hatte.

Dass er nicht hartnäckig blieb, hat ihm vermutlich den Weg ins Gefängnis erspart. So wich die Staatsanwaltschaft von der in der Anklageschrift verlesenen sexuellen Nötigung ab und plädierte für die weniger hart geahndete „Nötigung in besonders schwerem Fall“, die zwar sexuell motiviert gewesen sei, aber nie ausweglos für die Opfer war. Der Angeklagte habe vor Gewalt, deren Androhung oder schwerwiegenden erpresserischen Maßnahmen zurückgeschreckt.

Die Richterin hat einem Antrag der Verteidigung zugestimmt, die Verhandlung während der Vernehmung des Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit – und damit auch der Presse – vorzunehmen.

Vor allem Boulevardblätter, die sich bereits im Vorfeld intensiv mit dem Fall auseinandersetzten wurde vom Angeklagten scharf kritisiert: „Die Presse macht mit ihren Beiträgen meine Familie kaputt. Ich würde mir den Arm abhacken oder von der Brücke springen, könnte ich das nur rückgängig machen“, so der Angeklagte. Auch das Gericht sah darin einen Teil der Strafe.

Urteilsmindernd haben außerdem das frühe Geständnis und die Tatsache gewirkt, dass der Angeklagte zuvor nie straffällig geworden war, so das Gericht. Eine Frau im Publikum, die bei der Urteilsverkündung in Tränen ausbrach, wirft aber Zweifel auf, ob der Angeklagte nicht schon zuvor unsittliches Verhalten gegenüber Frauen an den Tag legte. In den 1990er Jahren will sie von dem Jobvermittler belästigt worden sein – dieser bestreitet jedoch, die Frau zu kennen.