Ein Forscherteam der Hochschule der Medien will herausfinden, wie man Fake News zuverlässig erkennen kann. Foto: Lg/Zweygarth

Wird es möglich sein, ein Werkzeug zu entwickeln, das manipulierte Nachrichten und Stimmungsmache in Internet-Portalen selbstständig entdeckt? Daran tüftelt ein Forschungsteam, an dem auch die Hochschule der Medien in Stuttgart beteiligt ist.

Stuttgart - Wie kann man Fake News, also eine gezielte Desinformation, erkennen und bekämpfen? Damit beschäftigt sich ein interdisziplinäres Forscherteam, an dem auch die Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart beteiligt ist. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt namens Dorian bis 2019 mit einer Million Euro. Gemeinsam suchen Juristen, Medienwissenschaftler, Psychologen, Informatiker und Journalisten nach Möglichkeiten, Desinformationen aufzudecken und dagegen vorzugehen. Ziel ist, für Bürger, Medien, Politik und Wissenschaft Empfehlungen zu erarbeiten und technische Lösungen zu entwickeln. Das Projekt wird vom Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) in Darmstadt geleitet, weitere Partner sind die Unis in Duisburg-Essen und Kassel.

Der Anlass für das Projekt ist, dass immer mehr Menschen soziale Netzwerke und Nachrichtenportale im Internet nutzen und diese zu einer wichtigen Plattform für gesellschaftliche und politische Kommunikation geworden sind – aber koordinierte Fake-News-Kampagnen diese Plattformen zweckentfremdet einsetzen, um manipulierte Nachrichten zu verbreiten und damit gezielt Stimmung zu machen oder gegen einzelne Personen zu hetzen. Doch meist ist es aufwendig, Fake News als solche zu entlarven. Bisher gibt es kaum Gegenmaßnahmen. Deshalb soll das Dorian-Projekt Mechanismen zur Aufdeckung und Bekämpfung von Falschmeldungen entwickeln – eine anspruchsvolle Aufgabe. Denn dabei müssen auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Presse- und Zensurfreiheit und der Datenschutz berücksichtigt werden.

Wissenschaftler untersuchen auch rechtliche Möglichkeiten gegen Fake News

Dabei wurden Aufgaben aufgeteilt: Das SIT erarbeitet neue Ansätze zur automatisierten Erkennung von Fake News. Das Team der Uni Duisburg-Essen untersucht Prozesse der Meinungsbildung in sozialen Medien und Mechanismen zur Weiterleitung von Informationen im Internet. Medienpsychologen schauen, wie Menschen Falschinformationen wahrnehmen und auf Warnungen vor Fake News reagieren. Und Wissenschaftler der Uni Kassel erforschen, in welchen Fällen gegen Fake News rechtlich vorgegangen werden kann und ob der bestehende Rechtsrahmen hierfür ausreicht oder erweitert werden sollte. Außerdem untersuchen die Kasseler, wie technische Mechanismen zur Bekämpfung von Falschmeldungen so gestaltet werden können, dass sie grundrechtskonform sind.

Die Hochschule der Medien nimmt Sozialmedien genauer unter die Lupe

Der Part der HdM besteht darin, Fake News zu sammeln und mittels journalistischer Methoden Meldungen zu bewerten. „Wir schauen aber nicht auf jeden Tweet“, erklärt Lars Rinsdorf vom Studiengang Crossmedia-Redaktion/Public Relations an der HdM, der das Projekt gemeinsam mit seiner Professorenkollegin Katarina Bader betreut. „Uns interessieren Portale in journalistischer Aufmachung mit strategischer Manipulationsabsicht“, sagt Rinsdorf. Man werde sich dabei allerdings auf deutschsprachige Foren konzentrieren. „Wir untersuchen in Sozialmedien: Wer teilt was?“, sagt er. Ein sechs- bis siebenköpfiges Rechercheteam, bestehend aus Studierenden aus höheren Semestern mit Rechercheerfahrung und einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin, werde die dort verbreiteten Botschaften gegenchecken. „Wir suchen in Fake News nach Mustern in Sprache und Struktur und versuchen das zu systematisieren“, sagt Rinsdorf. Das SIT trainiere seine Lern-Algorithmen darauf, das selbstständig zu erkennen – „wenn so etwas marktreif wäre, könnte das eine Art Vorselektion sein“, meint der Professor.

Die Hauptzielgruppe seien Nutzer, die „so etwas in ihre Timeline gespült kriegen.“ Es gehe aber auch darum, Blogger zu sensibilisieren – „die haben schließlich Einfluss“, so Rinsdorf. Und man wolle „Menschen erreichen, die bereit sind, ihre Ansichten zu überprüfen“.