Ungewöhnliche Allianz: In „Pride“ unterstützen Schwule und Lesben aus London streikende Bergarbeiter aus Wales. Klicken Sie sich durch die Galerie. Foto: Verleih

Die Schwulenszene Londons lebt ihr Anderssein in internen Clubs aus, feministisch orientierte Lesben führen sich im Alltag wie beste Freundinnen auf, und walisische Bergarbeiter sind fleißig, gottesfürchtig und allesamt Heteros. Doch dann geschieht etwas, das sie alle zueinanderbringt.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Pride"

Geht’s noch? So würde man in neudeutschem Slang heute fragen, wenn sich ausgerechnet in der politischen Ära von Margret Thatcher und dazu noch am Ende von Südwales drei Gruppen solidarisieren, die bisher voneinander kaum Notiz nahmen.

» Trailer zum Kinofilm "Pride

Die Schwulenszene Londons lebt ihr Anderssein in internen Clubs aus, feministisch orientierte Lesben führen sich im Alltag wie beste Freundinnen auf, und walisische Bergarbeiter sind fleißig, gottesfürchtig und allesamt Heteros. Doch dann greift der Thatcherismus im großen Stil in das Leben der Arbeitnehmer ein, staatliche Betriebe werden privatisiert, die Gewerkschaft organisiert einen Streik. Politisch aktive Schwule rufen zur Unterstützung der Familien in Wales auf, gründen mit Lesben nach wortreicher Basisdiskussion die Initiative „Lesbians And Gays Support The Miners“ (LGSM) und bringen das Geld gemeinsam vor Ort.

Der Besuch im Dorf löst einen mentalen Erdrutsch aus, und spätestens in diesen Filmsequenzen zeigt Regisseur Matthew Warchus, was er unter britischem, lebensbejahendem Humor versteht. Die Darsteller ihrerseits spielen sich in den unterschiedlichen Rollen die Seele aus dem Leib.

Mit bissigem Spott präsentiert Imelda Staunton als Hefina, resolute und erstaunlich offene Mittfünfzigerin, dem Gewerkschafter Dat (Paddy Considine) die Schwulen aus London. Sie amüsiert sich köstlich bei Fantasien über homoerotische Praktiken und lässt buchstäblich die Sau raus, als die Waliser zum Gegenbesuch nach London starten und in einschlägigen Bars feiern. Von feinem, stillen Wesen ist Cliff (Bill Nighy), ein Gentleman, der allen Vorurteilen trotzt. Mike (Joseph Gilgun) und Mark (Ben Schnetzer) sind schwule Aktivisten, und es macht den Film sympathisch, dass sie neben ihrer politischen Arbeit auch ganz normale Paar-Probleme haben.

Die Ensemble-Leistung macht den Film unbedingt sehenswert, außerdem der Soundtrack mit Queen, Frankie Goes To Hollywood und Joy Division sowie die Dialoge, die in exponierten Situationen knallen wie Peitschenhiebe. Die Verbrüderung zwischen Miners, Schwulen und Lesben fand in den 1980ern tatsächlich statt. Dokumentarische Schnipsel zeigen, was sie einte: Medien, Politiker und Polizei diskriminierten sie gleichermaßen. Warchus hat diese Sozialgeschichte mit viel Esprit so inszeniert, dass sie Bezüge zur Gegenwart bietet.

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