Die Tänzerinnen und Tänzer des Musicals „Bodyguard“ bei der After-Show-Party nach der umjubelten Premiere. Foto: Andreas Engelhard

Aus dem Orchestergraben werden die Tänzer von „Bodyguard“ von einem Lift, den sie „Toaster“ nennen, auf die Bühne geschleudert. Bei der Premierenparty haben sie Luftsprünge von ganz allein gemacht – bis um 2 Uhr in der Früh, dann musste die vergnügt feiernde Cast gehen.

Stuttgart - Mitternacht ist vorbei, als Aisata Blackman, nun mit Kurzhaarschnitt und ohne Whitney-Houston- Perücke, im oberen Foyer des Palladium-Theaters der Kollegin Daniela Ziegler in die Arme fällt. In Berlin standen die beiden bei „Sister Act“ auf der Bühne. Die Ältere, der man nicht ansieht, dass sie siebzig wird, ist voll des Lobes. Die Jüngere habe mit einer großartigen Stimme in einem Stück überzeugt, das durch die Vielfalt aus Thriller, Herzschmerz und Ohrwürmern voll und ganz überzeuge, schwärmt Ziegler.

Nun kann die Hauptdarstellerin von „Bodyguard“, die mit kurzen Haaren bei der After-Show-Party von vielen nicht erkannt wird, ruhig durchatmen. „Vor der Premiere war ich sehr, sehr nervös“, gesteht Aisata. Mit dem Hamburger Stephan Jaekel, dem Stage-Kommunikationschef, hat die Niederländerin mit karabischen Wurzeln viel Spaß beim Versuch, sich in schwäbischer Konversation zu üben. Die Sängerin hat ein Lieblingswort, das sie gleich zu Beginn ihres Stuttgarter Engagements gelernt hat und nun gern kichernd aufsagt: „Röhrle!“

Wommy schwärmt für das Stuttgarter Panini-Album

Es geht heiß her, aber nicht so heiß, dass der Kunst- und Antiquitätenhändler Frank Zimmermann sein zweites schwarzes Hemd anziehen müsste, das er extra zur Premiere mitgebracht hat. „Ich hab’ immer einen Ersatz dabei, weil ich verschwitzt sein könnte“, sagt er. Bei „Bodyguard“ kann das zweite Hemd aber in der Garderobe bleiben.

Frl. Wommy Wonder, im goldenen Glitzerkleid die schwäbische, ja gewichtigere Zwei-Meter-Antwort auf göttliche Diven, sagt im Selfie-Stress (das halbe Foyer will sich mit der Travestie-Lady fotografieren): „Mein nächstes Lied heißt ,Die immer schwitzt’.“ Prompt wird sie „heiße Minelli“ und „heiße Pirelli“ genannt. Ihre Stöckelschuhe hat Wommy irgendwann in der Hand. Am Nebentisch, erzählt sie, wollten einige Frauen schmerzbedingt ihre Schuhe ausziehen: „Da war ich halt feministisch geprägte Vorkämpferin.“ Begeistert berichtet das Fräulein, dass sein Panini-Album für Stuttgart bereits voll ist. Wommy, selbst als Glitzer-Sticker drin, sammelt nun fürs zweite Heft und schwärmt: „Ist eine tolle Idee, dieses Panini für Stuttgart!“

Die Jungs aus dem „Toaster“

Als Glitzer-Sticker würden sich etliche Tänzerinnen von „Bodyguard“ eignen, die bei der Party die Strasssteine ihrer Kleider funkeln lassen. Mit ihren männlichen Tanzkollegen hüpfen sie wie Schulkinder umher, lachen und toben. Aus England, Belgien, Deutschland und aus der Ukraine stammt das Ensemble. Alle Tänzer waren im „Toaster“ – knackig sind sie, aber nicht verbrannt. Zwei Lifte, die die Darsteller mit vier Metern pro Sekunde beschleunigen und vom umgebauten Orchestergraben (die Musiker müssen stattdessen in einen Nebenraum) auf die Bühne schleudern, werden „Toaster“ genannt. Bis zu anderthalb Meter hoch kann man damit springen. Um 2 Uhr im Früh wird die Party für beendet erklärt. Die Tänzer sind noch da und müssen nun gehen – sonst hätten sie bis zum Frühstück gefeiert. So macht es Robin K. Bieber, der Macher des Internet-Portals Cast Academy. In einer Bar des SI-Centrum feiert er weiter, bis er morgens im Hotel frühstücken kann. Von dort fährt Bieber direkt zum Arbeiten.

Ein Fan verfolgt ihn bis nach Hause

Fast hätte es auch Hannes Staffler zu „Bodyguard“ geschafft. Beim Final-Casting für die Rolle des Leibwächters, der einen Stalker verfolgt, war der Stuttgarter dabei, dann aber Jadran Malkovich unterlegen, der die Rolle in Köln spielte. Staffler weiß, wie Stalker Angst verbreiten. Als er bei „Rocky“ in Möhringen spielte, war ihm ein Mann von der Stage Door zur Stadtbahn gefolgt.

Der Unbekannte fuhr mit, stieg mit dem Sänger aus und lief bis zum Haus hinterher. Auch am nächsten Tag stand dieser „Fan“ davor. Rief Staffler die Polizei? „Ich habe ihn zur Rede gestellt und streng verlangt, er möge verschwinden.“, erzählt er. Niemals kam der Unbekannte wieder. Leider sind nicht alle Stalker ungefährlich.

„Im Internet fangen die Belästigungen an“, sagt Sängerin Jenny Marsala. Man müsse lernen, damit umzugehen. Wer die Kunst liebt und sie leben will, lässt sich nicht von Kranken stoppen. Alle sollten wissen: Was ein echter Fan ist, lässt sein Idol in Ruhe.