Szene aus „Das Wintermärchen“ Foto: Sabine Haymann

Mit einem kleinen Ensemble ein so opulentes Werk wie „Das Wintermärchen“ auf eine ebenso kleine Bühne zu bringen, grenzt an Tollkühnheit. Dieter Nelle hat sie mit sieben Schauspielern im Forum Theater gewagt – und gewonnen.

Stuttgart - Ja, sie schäkert und tändelt. Die rechte Hand auf dem schwangeren Bauch ruhend, flirren die Augen der Königin. Und man sollte es ihrem Gatten, König Leontes, nicht verübeln, dass er ein wenig eifersüchtig wird. Eifersüchtig auf seinen Freund, der seinen Aufenthalt am sizilianischen Königshof doch um eine Woche verlängert. Dass Leontes Fantasie aber psychotische Blüten treibt, die ihn „vom ganzen Schädel über beide Ohren gehörnt“ sehen, kann nur in die temporäre Katastrophe führen. Denn Hermione, seine Frau, ist ehrenhaft. Ein Glück, dass William Shakespeare dem Protagonisten eine zweite Chance gibt. Ein Schäferspiel führt zum Happy End.

Mit einem kleinen Ensemble ein so opulentes Werk wie „Das Wintermärchen“ auf eine ebenso kleine Bühne zu bringen, grenzt an Tollkühnheit. Dieter Nelle hat sie mit sieben Schauspielern in vielen Rollen gewagt – und gewonnen. Shakespeares Nachdenken über das Wesen der Zeit – der Augenblick, der geschieht, gerinnt sogleich zur Vergangenheit –, interpretiert das Ensemble als Fluss von inneren und äußeren Bildern.

Alle Protagonisten scheitern

Rot als Symbol aufgewühlter Seelen sind die Fahnen an bühnenhohen Stützen, mit denen Ausstatter Marcel Keller im ersten Teil den Spielraum gliedert. Hier toben die Gefühle von Leontes (Udo Rau), hier brüten seine bösen Fantasien. Die Hände in den Hosentaschen, stolziert er wie ein tief gekränkter Gockel. Und hier fordert Königin Hermione (Britta Scheerer) Respekt: „Meine Ehre ist mein Erbe an die Meinen.“ Und doch scheitern in diesem Teil des Dramas alle Protagonisten – die Königin wird für tot erklärt, das Reich verfällt.

Die Finsternis erhellt sich, die Starre wird belebt unter weißen Fahnen im zweiten Teil der dreistündigen Inszenierung. 16 Jahre später feiern die Protagonisten ein volkstümliches Fest. In der derben Idylle wird alles zum burlesken Spiel. Bierzeltatmosphäre im Varieté-Ambiente, die Figuren Parodien ihrer selbst. Und wie in bei einer Performance wird die Skulptur der Königin zum Leben erweckt – die Theaterkunst fungiert als Narr, der die Gefühle des Publikums führt.

Die nächsten Termine: 14. 10. um 16 Uhr, 15.-17.10., jeweils 20 Uhr, 18. 10. um 18 Uhr. Karten: 0711 / 4 40 07 49 99.