Ziel des Wahlkampfes von Erdogan sind auch die in Deutschland lebenden Türken. Foto: dpa

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan plant offensichtlich gleich mehrere Wahlkampfauftritte in westeuropäischen Staaten. Auftakt soll im Mai eine Rede in Köln sein.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan plant offensichtlich gleich mehrere Wahlkampfauftritte in westeuropäischen Staaten. Auftakt soll im Mai eine Rede in Köln sein.

Ankara/Stuttgart - Deutschland wird zur Bühne des türkischen Präsidentschaftswahlkampfs. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan plant offensichtlich gleich mehrere Wahlkampfauftritte in westeuropäischen Staaten. Auftakt soll im Mai eine Rede in Köln sein – dort, wo er 2008 mit seiner Warnung vor einer „Assimilierung“ der Türken für einen Skandal sorgte.

Erdogans Pläne sind ein weiteres Indiz, dass der 60-Jährige bei der Wahl am 10. August als Präsidentschaftsbewerber antritt, auch wenn er seine Kandidatur noch nicht offiziell erklärt hat. Die Wahl ist in mehrfacher Hinsicht eine Premiere. Zum ersten Mal bestimmen die rund 50 Millionen türkischen Wahlberechtigten das Staatsoberhaupt in einer Direktwahl; bisher wurde der Präsident vom Parlament gewählt. Und zum ersten Mal können rund 2,6 Millionen türkische Wähler im Ausland an ihrem jeweiligen Wohnort abstimmen – bisher mussten sie dazu in die Türkei reisen. Wegen dieser Hürde sank die Wahlbeteiligung der Auslandstürken auf fünf Prozent.

In diesem Jahr wird dagegen mit einem Ansturm auf türkische Konsulate und Botschaften gerechnet, die als Wahllokale genutzt werden. Um einen Massenandrang am Wahltag zu vermeiden, wird die Stimmabgabe für die Auslandstürken über vier Tage gestreckt. Sie beginnt am 7. August. Falls kein Kandidat im ersten Wahlgang mindestens 50 Prozent erreicht, folgt am 24. August die zweite Runde, wobei die Auslandstürken ab dem 21. August abstimmen können.

Deutschland ist mit rund 1,5 Millionen türkischen Wählern das wichtigste europäische Land für Erdogan und andere türkische Wahlkämpfer. Nach einem Bericht der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“ denkt er an Auftritte in Fußballstadien, um vor möglichst vielen Wählern sprechen zu können – etwa im Berliner Olympiastadion. Ob es auch einen Auftritt in Baden-Württemberg gibt, ist noch ungewiss.

Bei den türkischen Oppositionsparteien gibt es noch keine Überlegungen für Wahlkampfveranstaltungen in Westeuropa: Die Erdogan-Gegner wissen nicht, wen sie ins Rennen schicken wollen. Erdogan sagte, wenn er als Präsident antrete, werde er alle Machtbefugnisse des Amtes ausschöpfen. Laut einer Ausnahmeklausel der Verfassung könnte er damit auch als Staatschef die Sitzungen des Kabinetts leiten. Der Ministerpräsident wäre dann nur Erfüllungsgehilfe. Dazu will sich Abdullah Gül nicht hergeben: Der 63-Jährige erklärte, „unter den derzeitigen Bedingungen“ habe er keine Pläne für eine Rückkehr in die aktive Politik.

Güls Äußerung ist ein Zeichen für die wachsenden Spannungen zwischen ihm und Erdogan. Gül betont, niemand habe das Präsidentenamt bereits „in der Tasche“ – eine klare Anspielung auf Bemühungen von Erdogans Gefolgsleuten, eine erfolgreiche Kandidatur des Ministerpräsidenten als unausweichlich darzustellen. Ein klärendes Gespräch zwischen Gül und Erdogan soll in Kürze stattfinden. Möglicherweise wird Bundespräsident Joachim Gauck während seines Besuchs in der Türkei vom 26. bis 29. April Gelegenheit haben, bei Gesprächen mit Gül und Erdogan aus erster Hand zu erfahren, wer in Zukunft sein türkischer Amtskollege sein wird.

Zuletzt hatte die Türkei mit Blockaden des Internetdienstes Twitter international ein kritisches Echo hervorgerufen.