Daimler beteiligt auch in diesem Jahr Mitarbeiter an seinen Gewinnen – mit hohen Sonderzahlungen. Doch nicht alle Beschäftigten werden daran beteiligt. Foto: dpa

Diskutieren Sie mit - Die Daimler AG zahlt ihren Mitarbeitern eine hohe Gewinnbeteiligung. Doch nicht alle, die dort arbeiten, haben Anspruch auf die Prämie: Mitarbeiter der Niederlassungen und Zeitarbeiter fühlen sich benachteiligt.

Stuttgart - Matthias Sauter (Name von der Redaktion geändert) ist frustriert. Eigentlich arbeitet er gerne in der Stuttgarter Daimler-Niederlassung. Doch dass er nicht wie andere Mitarbeiter der Daimler AG an den Rekord-Gewinnen des Unternehmens beteiligt wird, kann er nicht nachvollziehen.

„Wir Mitarbeiter in den Niederlassungen verkaufen die Autos, haben also einen genauso großen Anteil am guten Geschäft des Konzerns wie die Mitarbeiter im Werk“, sagt Sauter. Denn während sich 125 000 tariflich Beschäftigte in diesem Jahr über eine Sonderzahlung von 5650 Euro freuen können, gehen Mitarbeiter in den Niederlassungen leer aus – ebenso wie bei Daimler beschäftigte Leih- und Zeitarbeiter. Hintergrund ist, dass es für Daimler-Niederlassungen seit dem vergangenen Jahr gesonderte Regelungen gibt: Um Arbeitsplätze im Konzern zu halten, haben Konzern und Betriebsrat eigene Vereinbarungen für die vom Verkauf bewahrten Niederlassungen ausgehandelt.

Arbeitsplatzsicherheiten für Niederlassungs-Mitarbeiter gingen mit Kostensenkungsmaßnahmen einher

„Die Zusicherungen, die dabei gemacht wurden, gab es nur gegen Kostensenkungsmaßnahmen – und darunter fiel auch die Regelung zur Gewinnbeteiligung“, sagt eine Sprecherin des Gesamtbetriebsrats von Daimler. Immerhin: „Der Konzern hat eine verlässliche Beschäftigungssicherung bis 2023 und hohe Investitionen in die Modernisierung der Betriebe zugesichert“, so ein Sprecher des Daimlerkonzerns. „Das ist ein Stückweit immer ein Geben und Nehmen.“ Dass viele Mitarbeiter dies dennoch als ungerecht empfinden, spüre man auch beim Betriebsrat:„Natürlich sind all diejenigen, die einen Beitrag zum Unternehmensgewinn geleistet haben, aber nicht anspruchsberechtigt sind, nun enttäuscht“, sagt die Betriebsratssprecherin.

Dass das Ganze ein zwiespältiges Thema sei, sagt auch Matthias Sauter. Schließlich habe er – wie auch seine Kollegen in den Niederlassungen – durchaus gewusst, dass für sie nun andere Bedingungen herrschen, dass es künftig keine Gewinnbeteiligung mehr geben werde – dafür aber einen gesicherten Arbeitsplatz bis 2023 und den Verbleib im Konzern. Die Stimmung unter den Mitarbeitern in den Niederlassungen sei trotzdem schlecht, sagt Sauter. Viele Beschäftigte fühlten sich ausgeschlossen und demotiviert – und fragen sich, warum sie noch für ein gutes Ergebnis des Konzerns arbeiten sollen. „Insgesamt fühlt man sich wie in einer Mehrklassengesellschaft im Konzern.“

Klagen kommen auch von vielen Beschäftigten, die zwar direkt oder indirekt für Daimler arbeiten, aber beispielsweise als Angestellte von Tochtergesellschaften wie Evobus ebenfalls nicht an den Gewinnen beteiligt werden. Denn: „In Tochterfirmen und Vertriebseinheiten gelten eigene Arbeitsverträge und unterschiedliche Regelungen zur eigenen Ergebnisbeteiligung, die mit den Arbeitnehmervertreten gemeinsam verhandelt und beschlossen worden sind“, verteidigt der Daimler-Sprecher.

Gewinne der Hersteller kommen nicht zwingend bei Angestellten der Zulieferer an

Von den Rekordgewinnen bekommen auch die Angestellten der Zulieferer nicht unbedingt etwas zu spüren – obwohl sie mitunter zu großen Teilen an der Wertschöpfung beteiligt sind. „Die Gewinne, die die großen Konzerne machen, kommen nicht zwingend bei den Zulieferern an“, sagt eine Sprecherin der IG Metall Baden-Württemberg. „Das sorgt seit Jahren regelmäßig für Unmut. Wir können als IG Metall die Zulieferer aber nur dazu auffordern, Beteiligungen zu zahlen.“ Zwar würden einige Zulieferer ihre Mitarbeiter beteiligen – oft fielen solche Beteiligungen aber deutlich niedriger aus als die der Hersteller. Eine Rolle spiele dabei auch der Preisdruck vonseiten der Hersteller.

Vor einer wachsenden Zweiklassengesellschaft in großen Automobilkonzernen sprechen auch Arbeitsmarktforscher – vor allem im Hinblick auf Zeitarbeiter. „Viele Zeitarbeiter sehen sich als Beschäftigte zweiter Klasse, gerade im Hinblick auf die Bezahlung und die Dauer der Beschäftigung“, sagt Peter Haller vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Zwar sei die Zeitarbeit für viele Beschäftigte besser als die Arbeitslosigkeit – für Unmut sorgten die unterschiedlichen Bedingungen dennoch.