Reiste für sein neues Stück nach Sibirien: Max Schumacher Foto: Post Theater Foto:  

Max Schumacher, der künstlerische Leiter des in Stuttgart und Berlin beheimateten Post Theaters, begibt sich mit seiner neuen Performance auf die Suche nach der idealen Stadt. Ideen hat er auch in den Wäldern Sibiriens gesammelt.

Stuttgart - – Herr Schumacher, schon Ihr Stück „House of Hope“ hat sich mit dem Wohnen befasst, genauer mit seiner Krise in Großstädten. Jetzt geht Ihr Post Theater das Thema wieder und in größerem Maßstab an. Was ist Ihre Motivation?
In beiden Stücken geht es um visionäre Stadtplanung und die Frage: Wie wollen wir leben? „House of Hope“ war eher auf das Wohnen konzentriert und auf die Problematik von Eigentum. Unsere neue Produktion „Akademgorodok - Silicon Forest“ zeigt, dass man für eine Vision von Stadt ein ganzheitlicheres Bild braucht, das sich nicht aufs Wohnen allein reduzieren lässt. Auch das Arbeiten gehört dazu. Nur wenn beide Bereiche passen, kommt gute Stadtplanung und ein besseres Leben dabei heraus.
Ausgangspunkt Ihres Stücks ist eine Stadt in Sibirien. Waren Sie selbst dort?
Ja, ich konnte dank eines Stipendiums des Goethe-Instituts von Novosibirsk zwei Wochen im 20 Kilometer entfernten Akademgorodok verbringen. Dieser Ort wurde 1957 als Ideal einer Wissenschaftsstadt gegründet, seine Gebäude sind schön in ein Waldstück gestreut. Scherzhaft nennt man ihn auch „Silicon Forest“, weil sich hier viele IT-Betriebe angesiedelt haben. Die bis heute gelebte Idee dieses Ortes ist, dass Wissenschaft nicht isoliert stattfinden darf, sondern dass das Studium von Beginn an eng mit industrieller Nutzung und Forschung verbunden sein soll. Als Wohngebiet ist Akademgorodok dank der Lage im Grünen und niedriger Kriminalität beliebt, sodass die Stadt schnell wächst. Viele talentierte junge IT-Experten wandern allerdings nach Kanada, Deutschland oder in die USA ab. Das zerstört das Ideal der Wissenschaftsstadt und ersetzt es durch individuelle Interessen.
Sie sprechen wie ein Stadtplaner. Wo setzt in „Akademgorodok - Silicon Forest“ die Kunst an, wer ist an dem Stück beteiligt?
Die Aufgabe der Kunst ist es, Bilder zu übersetzen, die die Entwicklung und die Atmosphäre dieser Stadt beschreiben - vor allem in Tanz. Es gibt zum Beispiel eine Tradition von großer Freiheit in Akademgorodok dank der Privilegien für Wissenschaftler und der Entfernung vom politischen Zentrum. Im Fokus unseres Stücks steht eine künstliche Intelligenz, die eine perfekte Stadt bauen will und bei den Menschen Input einholt. Diese übersetzen ihr Wissen in Gesten, Schauspiel, Tanz. Fünf Performer sind beteiligt, alles Schauspieler, die auch tanzen können. Die Bandbreite ihres Könnens bringt eine andere Bewegungsqualität mit; es geht nicht um Perfektion, sondern um ganzheitliches Tanzen. Außerdem sind ein bildender und ein Video-Künstler live dabei. Bis auf ein russisches Volkslied wurde die Musik eigens für das Stück komponiert. Technisch ist „Akademgorodok - Silicon Forest“ sehr aufwendig. Deshalb haben wir die Palermo-Galerie als Spielstätte gewählt, weil wir den Raum schon in der Woche vor der Premiere nutzen können, um das Stück einzurichten und zu proben.

Termin: Premiere am 30. September, dann noch am 1. Oktober, jeweils 20 Uhr. Palermo Galerie (Olgastraße 82). Kartenreservierung ausschließlich unter tickets@posttheater.com