Peter (links) und Valentin sind die Hoffnung des Posaunenchors. Foto: Sägesser

Es war, als der Grundstein zur Michaelskirche gelegt worden ist, dass sich die Degerlocher einen eigenen Posaunenchor gewünscht haben. In diesem Jahr feiern die Hobby-Musiker ihr 125-jähriges Bestehen.

Degerloch - Sie heißen beide Peter. Der große Peter ist heute 78, er weiß viel über die vergangenen Jahre zu erzählen. Der kleine Peter ist 15, und er ist die Hoffnung des großen Peters. Der Schüler Peter Walter ist vor einiger Zeit dem Degerlocher Posaunenchor beigetreten. Das macht dem Chor, der in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen feiert, Mut für die Zukunft.

Die meisten Jungs haben mit 15 was anderes im Kopf

„Ich musste von meinen Eltern her Blockflöte lernen“, sagt er. „Und weil die Lehrerin immer gesagt hat, ich soll nicht so stark reinpusten, kam ich auf Trompete.“ Die meisten Jungs in Peters Alter haben wohl anderes im Kopf als Posaunen und Trompeten. „Ich kenne eigentlich niemanden, der ein Blechblasinstrument spielt außer ihn“, sagt Peter Walter und zeigt auf seinen Freund Valentin Graf, der neben ihm sitzt. Valentin ist 14, und er sagt wie ein Erwachsener: „Trompete hat mich inspiriert.“ Wie der kleine Peter kommt er regelmäßig zum Unterricht zu Johanna Hirschmann in die Versöhnungskirche.

Der große Peter heißt mit Nachnamen Hönig. Er ist seit mehr als 60 Jahren Mitglied im Posaunenchor. Weil er zudem seit einer gefühlten Ewigkeit für die FDP im Bezirksbeirat sitzt, kennt ihn jeder im Ort. Wenn er an all die Jahre im Posaunenchor denkt, fällt Peter Hönig zum Beispiel ein, wie großartig es war, als sie in den 60er-Jahren in einer katholischen Kathedrale in Frankreich posaunt haben, seine Frau ist Französin und katholisch, so kam das. „Den Klang, den höre ich heute noch, das bleibt einem ewig“, sagt er. „Ich habe auch ein bisschen geschwebt“, sagt Michael Haage vom Posaunenchor.

Der Posaunenchor spielt für die Gäste im Hospiz

Sie spielen natürlich bei Gottesdiensten, aber sie waren auch schon mal im Untersuchungsgefängnis, und sie stehen regelmäßig im Innenhof des katholischen Hospizes, „weil die Menschen das gern mögen“, sagt Michael Haage.

Die meisten der Posaunenchöre sind im 19. Jahrhundert gegründet worden. Posaunen und Trompeten sind in der Bibel oft zugegen. „Die Ehre Gottes und die Erholung, Ermutigung, Erneuerung unserer geistigen Kräfte und Anlagen – das ist und bleibt programmatisch für das Spiel unseres Posaunenchors in Degerloch“, so steht es in der Festschrift eines vergangenen Jubiläums. Augustin spitzte den Auftrag noch zu: Der Dienst im Posaunenchor sei eigentlich nur als eine „militia Christi“, als ein Militärdienst für Christus, zu verstehen.

Bei der Grundsteinlegung für die Kirche wurde die Idee geboren

Die Idee, einen Posaunenchor zu gründen, kam den Degerlochern bei der Grundsteinlegung der evangelischen Michaelskirche im Mai 1889. Zu diesem Anlass ist der Posaunenchor aus Heslach gekommen. Für die Degerlocher stand hernach fest: Sie wollten selbst einen solchen Chor haben, um den Herren aus eigener Puste zu loben. Vom Konsul Benger aus Heslach gab es 300 Mark Startkapital, geübt wurde zunächst in einem Klassenzimmer des Alten Schulhauses an der Großen Falterstraße.

Gefallen hat es den Degerlochern nicht auf Anhieb. Ein Anwohner soll einmal gerufen haben: „Du, Gottlob, wenn die Sauerei mit dem Blasa net bald ufhört, no lass i eich verhafte!“ Der Posaunenchor hat nicht aufgehört. Und es dürfte niemanden mehr geben, der sich wegen der Blasmusik der 35 aktiven Mitglieder die Ohren zuhalten will.