Prächtig: Die Pousada in Evora. Foto: Hardt

Wer durch die Hügellandschaft des portugiesischen Alentejo reist, übernachtet am besten in einer Pousada - Gebäude mit bedeutender historischer Bausubstanz.

Torrao - Jetzt eine Autopanne. Dann gute Nacht, Portugal. Seit Stunden ist dem Kleinbus kein Fahrzeug mehr begegnet. Kein Mensch, kein Haus weit und breit. Doch unbeirrt fährt Rodrigo seine Reisegruppe weiter nach Osten. Hinter ihnen verschwindet die Sonne glutrot am Horizont, die Dämmerung kommt schnell. Im matten Strahl der Scheinwerfer fliegen Büsche und Bäume wie gespenstische Gestalten vorbei. Plötzlich taucht ein Tor auf, einladend geöffnet - das Nachtquartier Vale do Gaio am Stausee nahe Torrao ist erreicht. Mit nur 14 Gästezimmern gleicht das Hotel einem eleganten Privathaus. Im Wohnraum knistert ein Kaminfeuer. Kerzen und Laternen beleuchten die großzügige Terrasse. Ein Refugium und gleichzeitig idealer Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren rund um den See, aber auch wunderschön für Ausflüge mit dem Kanu.

Der Alentejo, wie das weite Hügelland zwischen Lissabon und der portugiesisch-spanischen Grenze genannt wird, galt schon in römischen Zeiten als Kornkammer. Auch heute noch prägen Felder und Weiden den Charakter der Region, eine Landschaft mit weitem Horizont und sanften Erhebungen. In der roten Erde stecken die knorrigen Stämme silbriger Olivenbäume, in den Ebenen grasen Schafe, Rinder und Pferde. Getreidefelder wechseln ab mit riesigen Korkeichenwäldern, und auf den Höhen blitzen Städtchen wie Monsaraz weiß im Sonnenlicht. Wer Portugal abseits der Küsten und Touristenzentren entdecken will, wird früher oder später Bekanntschaft mit den feinen staatlichen Rasthäusern machen, den Pousadas. Ähnlich wie die Paradores in Spanien wurden diese von der portugiesischen Regierung in landschaftlich reizvoller Lage gebaut oder in restaurierten historischen Gebäuden wie Burgen, Schlössern und Klöstern eingerichtet.

Viele von ihnen liegen im Alentejo: In der mittelalterlichen Burg von Alcácer so Sal hoch über dem Fluss Sado zum Beispiel, im ehemaligen Palast der Königin Santa Isabel aus dem 13. Jahrhundert in Estremoz oder mitten in einem der jahrhundertealten Städtchen wie Marvao mit den typischen weiß getünchten Häusern. Der Alentejo gilt als Kernraum portugiesischen Großgrundbesitzes, das erklärt die ausgesprochen dünne Besiedlung. Eine Agrarreform Mitte der 1970er Jahre, die Großgrundbesitzer enteignete und Land an Arbeiter-Kooperativen vergeben sollte, scheiterte. Ein Großteil des enteigneten Landes wurde an die ehemaligen Eigentümer zurückgegeben.

Im Mittelalter wurden hier Todesurteile vollsteckt

Umso mehr überrascht in dieser von Landwirtschaft geprägten Region die Provinzhauptstadt Evora mit reichen Kultur- und Kunstschätzen. Diese stammen aus einer Zeit, als Evora römische und maurische Festung, portugiesische Königsresidenz und zweitgrößte Stadt Portugals war. Heute ist sie bekannt als Museums- und Universitätsstadt, wurde bereits Mitte der 1980er Jahre von der Unesco als weltgeschichtliches Kulturerbe gewürdigt. Dementsprechend groß ist das Interesse der Touristen. Mittelpunkt der heute rund 45 000 Einwohner zählenden Stadt ist der Praca do Geraldo, Treffpunkt für Einheimische und Urlauber, für ein Schwätzchen oder einen Bummel entlang der kleinen Läden. Nichts stört die Harmonie und Schönheit des Platzes. Doch Reiseleiter Rodrigo kennt seine grausige Vergangenheit: „Im Mittelalter wurden hier Todesurteile vollsteckt und noch bis ins 18. Jahrhundert Opfer der Inquisition hingerichtet.“

Vor der Kirche Santo Antao aus dem 16. Jahrhundert thront ein monumentaler Renaissancebrunnen. Antike Säulen und Pilaster schmücken die Arkadengänge an weißen Häusern unter schmiedeeisernen Balkonen. Rodrigo führt die Besucher in ein Restaurant und schwärmt von den typischen Gerichten aus dem Alentejo: „Im Ofen gebratenes Lamm, Omelette mit wildem Spargel oder mit Olivenöl beträufelten Schafskäse müssen Sie unbedingt probieren.“ Nach dem Essen geht es weiter zur Kathedrale Sé mit dem Museum für sakrale Kunst. Lachen und Stimmengewirr klingen von einer nahe gelegenen Schule herüber. Dort, wo heute junge Portugiesen unterrichtet werden, lebte einst der Entdecker Vasco da Gama. Hier im ältesten Teil der Stadt liegt auch die Pousada dos Lóios, ein ehemaliges Kloster.

Doch die ehemaligen Mönchszellen sind mit allen Annehmlichkeiten wie Bad, Kabelfernsehen und Klimaanlage ausgestattet. Kreuzgänge, Kapitelsaal, prächtige Portale, maurische Schmuckelemente und stilvolle, alte Möbel geben dieser Pousada ihren besonderen Zauber. Den gruseligen Höhepunkt hat sich Rodrigo für den Schluss aufgehoben: das 1600 von einem Franziskanermönch geschaffene Beinhaus - kein Sammelplatz exhumierter Gebeine, sondern eine Kapelle, in der menschliche Knochen als Baumaterial gedient haben. Wände, Pfeiler und Gewölbe sind mit Knochen und Schädeln einiger Tausend Menschen gebaut. An einer Wand hängt eine vollständiges Skelett, darunter die Inschrift: „Wir hier versammelten Gebeine warten auf die euren.“

Fan werden auf Facebook: https://www.facebook.com/fernwehaktuell

Infos zu Portugal

Anreise
Günstige Flugtickets ab Friedrichshafen oder Stuttgart nach Lissabon gibt es bereits ab ca. 150 Euro für den Hin- und Rückflug z. B. mit Germanwings ( www.germanwings.com ) oder Lufthansa ( www.lufthansa.com ).

Unterkunft
Vale do Gaio Hotel, Torrão, einsam gelegenes Haus am Stausee, 14 Zimmer, Doppelzimmer ab 90 Euro für 2 Personen (nur Übernachtung), viele Outdoor-Aktivitäten für Hotelgäste kostenfrei, Restaurant mit großer Terrasse und regionalen Spezialitäten. www.valedogaio.com

In Portugal gibt es derzeit 36 Pousadas, unterteilt in die Kategorien „Charme“, „Natur“, „Historische Pousadas“ und „Historische Pousadas mit Design“. Eine Übernachtung inklusive Frühstück kostet ab circa 45 Euro pro Person im Doppelzimmer. Informationen und Reservierungen für Pousadas bei Pestana, www.pousadas.pt.

Wer es sich einfach machen möchte: Bei Reiseveranstaltern wie Dertour, Olimar und Ibero Tours gibt es auch ausgearbeitete Mietwagen-Rundreisen. Eine individuelle Autotour über acht Tage und 830 Kilometer von Pousada zu Pousada kostet bei Dertour ab Lissabon ab 379 Euro zuzüglich Mietwagen ( www.dertour.de ), bei Olimar ab 449 Euro inklusive Mietwagen, ( www.olimar.de ).

Allgemeine Informationen
Turismo de Portugal, Portugiesisches Fremdenverkehrsamt, Zimmerstr. 56, 10117 Berlin, Telefon 030 / 25 41 06 72. www.visitportugal.com www.visitalentejo.pt