„Mich fasziniert die Sprache als Thema“: Teresa Präauer Foto: dpa

Eine Geschichte über zwei Geschwister und ihren einst unglücklich verliebten Großvater hat Teresa Präauer Erfolg gebracht. Die literarische Newcomerin aus Österreich ist ein Seh-Mensch, der zwischen Schreiben und Zeichnen keinen Unterschied macht.

Wien - „Ich habe Lust, meinen Verstand zu gebrauchen“, antwortet Teresa Präauer auf die Frage, warum sie schreibt. „Der würde sonst untätig herumsitzen.“ Untätig ist Teresa Präauer nun wirklich nicht: Sie ist Künstlerin, Journalistin und natürlich Schriftstellerin. Im Mai wurde der 36-Jährigen der Förderpreis zum Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis der Stadt Meersburg verliehen. Über ihre Beziehung zur Namensgeberin des Preises sagt Präauer: „Ich glaube, dass die alten Texte für uns neu sein können, dass wir uns heute auch auf etwas beziehen, was für uns wesentlich sein kann im Werk einer Autorin. Für mich ist das wohl der semantische und der syntaktische Witz, der im Poetischen zu finden ist.“

Dieser Witz wird auch in ihrem Roman „Johnny und Jean“ deutlich, mit dem Präauer für den Preis der Leipziger Buchmesse 2015 nominiert war und mit dem sie den Förderpreis zum Friedrich-Hölderlin-Preis gewann. Darin erzählt sie die Geschichte zweier Kunststudenten, die aus der Provinz in die große Stadt ziehen. Die beiden, die sich Johnny und Jean nennen, sind absolute Gegenpole, aber gleichzeitig vermittelt ihre entrückte Verbundenheit das Gefühl, sie könnten ein und dieselbe Person sein.

Teresa Präauer gelingt es, das Spiel zwischen Nähe und Ferne, Realität und Fantasie gerade über ihre Sprache subtil auszudrücken. Der Text aus Johnnys Perspektive wirkt mit seinen selbstreferenziellen Einschüben nicht selten scharfzüngig und ironisch; an vielen Stellen nimmt Präauer das Künstlermilieu – in dem sie sich bestens auskennt – aufs Korn. „Mich fasziniert die Sprache als Thema“, sagt Präauer, „und daneben alles, was nicht zusammenpasst. Es gibt eigentlich so etwas wie Looks, die mich triggern. Bilder, Mode, Musik, Videos und so weiter.“

Präauer entwerfe eine subtile Kindheitsgeschichte

Diese Verbindung von Schreiben und Kunst zieht sich durch ihr ganzes Leben; 1979 in Linz geboren, hat Teresa Präauer in Wien, Salzburg und Berlin Germanistik und Malerei studiert. Auf die Frage, welche Ideen sie in der Kunst und welche im Schreiben verarbeitet, antwortet Präauer bestimmt: „Ich trenne das nicht.“

Ihr erster Roman „Für den Herrscher aus Übersee“ über zwei Geschwister und ihren einst in eine Japanerin verliebten Großvater hat sie 2012 den „Aspekte“-Literaturpreis für das beste deutsche Prosadebüt gewonnen. Präauer entwerfe eine subtile Kindheitsgeschichte, die in einer bildreichen Sprache die Freiheit der Fantasie und des poetischen Ausdrucks feiere, urteilte die Jury.

Das war der Durchbruch. „Sprache finde ich voll geil“, sagt sie knapp und lacht. Etwas seriöser formuliert, klingt das so: „Ich entscheide mich sehr genau für ein Wort.“ Müsste sie zwischen „Fantasie“ und „Vorstellungskraft“ entscheiden, wäre die Wahl klar. „Fantasie ist verkitscht. Das klingt wie Bio-Tee.“

Vorstellungskraft braucht sie als Autorin mehr als andere. Sie möchte starke Bilder im Kopf erzeugen. „Literatur ist kein Tagebuchschreiben, sondern ein Erfinden.“ Und Wörter sind da nur ein Ausdrucksmittel. Sie pendelt ständig zwischen den Welten der bildenden Kunst und der Literatur. Sie hat „Die Gans im Gegenteil“ von Wolf Haas kongenial illustriert. Sie hat in „Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken“ Poesie und Zeichnung verbunden. Zuletzt hat sie für das Tiroler Kulturmagazin „Quart“ 50 Tiere gezeichnet oder für renommierte Online-Medien über Gustavs Klimts „Goldene Adele“ geschrieben.

„Das Schreiben ist mein Leben, und das meine ich ganz pragmatisch“

„Die ‚Taubenbriefe‘ waren ein sehr poetisches Buchobjekt“, sagt Präauer, „das sich mit dem Motiv des Schreibens künstlerisch beschäftigt. ‚Johnny und Jean‘ macht etwas ganz Ähnliches auf der sprachlichen Ebene: Es geht mir, neben dieser Geschichte einer Freundschaft, auch um das Schreiben und Zeichnen als Motiv. Als könnte man vom Buchstabieren her die Welt begreifen vielleicht.“

Das Künstlerische, so Präauer, findet sich aber schon im Medium Buch an sich. „Bücher bestehen, seit es sie gibt, aus beidem. Mich beschäftigt beides, und ich habe es abgelehnt, mich für das eine zugunsten des anderen zu entscheiden. Aber je öfter ich diese Frage gestellt bekomme, umso mehr bekomme ich Lust zu behaupten, das eine hätte mit dem anderen rein gar nichts zu tun.“

Es gibt aber auch die andere Seite neben der Faszination von Kunst und Buch. Mit dem Preisgeld des Droste-Literaturförderpreises wolle sie in erster Linie ihre Miete bezahlen: „Das Schreiben ist mein Leben, und das meine ich ganz pragmatisch“, sagt sie.

Monatelang war sie deshalb als Vorleserin in eigener Sache unterwegs und hat den Zuhörern „Johnny und Jean“ nähergebracht. Im Juli startete sie bei den Ingeborg-Bachmann-Lesetagen in Klagenfurt, ging dort aber leer aus. Im September geht sie für drei Monate in die USA, um an der Universität Iowa andere Autoren zu treffen und um zu arbeiten. Und außerdem ist ihr drittes Buch in Planung, über das die Frau mit klassisch österreichischem Hobby - Snowboardfahren - aber noch nichts verraten will.