Detlev von Platen ist als Kind deutscher Eltern in Frankreich geboren und in der Nähe von Paris aufgewachsen. Sprache ist für den Manager „eine Tür zur Kultur“. Foto:  

Die VW-Abgasaffäre hat Detlev von Platen zum Karrieresprung verholfen. Der frühere Amerika-Chef von Porsche wurde auf dem Höhepunkt der Krise aus Übersee zurückgerufen, um den Posten des Vertriebs- und Marketingchefs beim Stuttgarter Sportwagenbauer zu übernehmen.

Stuttgart - Im vergangenen Herbst wurde Detlev von Platen bei dem vom VW-Abgasskandal ausgelösten mächtigen Management-Beben jäh von der neuen amerikanischen Porsche-Zentrale in Atlanta auf den Posten des Marketing- und Vertriebsvorstands in der Unternehmenszentrale in Zuffenhausen katapultiert. Denn sein Vorgänger Bernhard Maier war im November nach 14 Jahren bei Porsche plötzlich zum Chef der tschechischen VW-Tochter Skoda in Mlada Boleslav befördert worden.

Detlev von Platen hatte zuvor als Nordamerika-Chef zweifelsohne einen guten Job gemacht und sich damit für höhere Aufgaben empfohlen. Als er 2008 auf dem wichtigsten Porsche-Markt der Welt antrat, brach der Absatz wegen der Finanzkrise ein. Die Börsenzocker hatten plötzlich kein Geld mehr, um mit einem schicken Boxster durch die Wall Street zu düsen. Es gab keine Boni mehr, Banken feuerten massenhaft ihre Mitarbeiter. „Wir sind nicht immun gegen die Krise“, sagte von Platen damals dem „Handelsblatt“. „Ich hätte mir wohl keinen schlimmeren Zeitpunkt aussuchen können. Aber das ist jetzt eben mein Job“, meinte der Krisenmanager damals, der zuvor bei BMW die Motorradsparte in Südostasien betreut und dann ab 1997 für Porsche das Geschäft in Frankreich erfolgreich aufgebaut hatte. Detlev von Platen hatte ein gutes Erfolgsrezept. „Sprache ist eine Tür zur Kultur“, sagt der Manager, der sich als „Kulturübersetzer“ bezeichnet. Als Kind deutscher Eltern 1964 in Frankreich geboren, wuchs er in der Nähe von Paris auf, studierte Volks- und Betriebswirtschaft an einer der „Grandes Ecoles“ wie die französischen Elite-Unis genannt werden.

Die Verkaufszahlen haben sich während seiner US-Zeit verdoppelt

Der Freizeitpilot reüssierte auch in Amerika. „Mit sehr ambitionierten Visionen und viel Leidenschaft“ habe seine Mannschaft Porsche in Nordamerika stabilisiert, heute sei das Geschäft wieder gesund, bilanziert der neue Vertriebsvorstand im Gespräch mit unserer Zeitung. Beim Start von Platens in Amerika verkauften die Stuttgarter in den USA 260 00 Autos im Jahr. Im vergangenen Jahr waren es fast 520 000. Trotz dieser Verdoppelung des Absatzes hat von Platen nicht abgehoben. Der Vorstand mit deutschem und französischem Pass ist ohnehin eher ein Mann der leisen Töne und sagt Sätze, die man von Top-Managern selten hört. Er verwendet nicht die üblichen Redewendungen des obersten Führungspersonals, das „Themen adressiert“ oder etwas als „nicht zielführend“ einstuft. Stattdessen spricht er davon, wie wichtig Glaubwürdigkeit sei und Demut. „Erfolg erzeugt ab und zu auch ein bisschen Arroganz. Ich habe gelernt, dass es immer gut ist, Demut zu haben“, meint der Vertriebsvorstand.

Im vergangenen Jahr ist China erstmals vor den USA zum wichtigsten Porsche-Markt aufgestiegen. Der neue Geländewagen Macan hat hier nochmals für einen mächtigen Schub gesorgt. Die Entwicklung in den vergangenen Jahren sei geradezu sensationell, meint von Platen. Um das Jahr 2000 herum habe man dort weniger als 200 Autos im Jahr verkauft, 2016 waren es rund 58 000 Wagen (plus 24 Prozent), davon fast 28 000 Macan. Zweitwichtigstes Modell war mit rund 21 000 Fahrzeugen der große Geländewagen Cayenne. Der Panamera sowie der 911er folgen mit weitem Abstand. China ist kein Sportwagenmarkt. Weltweit legte der Absatz 2015 um 19 Prozent auf rund 225 000 Autos zu.

Im ersten Quartal legte der weltweite Absatz um zehn Prozent zu

Nach dem stürmischem Wachstum in den vergangenen Jahren stellt sich Porsche nun auf eine Konsolidierungsphase ein. Was indes alles andere als Stillstand bedeutet. „Wir haben den Schwung von 2016 mit ins neue Jahr mitgenommen. Das erste Quartal und der Auftragseingang sind sehr gut“, sagt von Platen. Von Januar bis März legte der Absatz weltweit um rund zehn Prozent auf fast 56 000 Autos zu.

In China entsteht gerade ein Großprojekt, das den Vertriebsvorstand zum Schwärmen bringt. In Shanghai wird für 130 Millionen Euro in der Nähe der Formel-1-Rennstrecke das „Porsche Experience Center“ gebaut. Vorbilder sind die Teststrecke mit Konferenzzentrum im Werk Leipzig sowie das im vergangenen Jahr in Atlanta eröffnete „One Porsche Drive“, das von Platen als sein „Baby“ bezeichnet. Hier sollen nicht nur Porsche-Kunden, sondern soll jedermann mit allen Sinnen erfahren können, was einen Porsche ausmacht. „Das ist ganz, ganz wichtig für uns,“ sagt von Platen. Die ganze Welt sei heute digital, alles sei virtuell, doch hier könne man Porsche erleben, fühlen, fahren. Hier werde auch gezeigt, welche Technik in einem Porsche steckt und warum. „Was das bringt für Sicherheit, Effizienz und natürlich Spaß“, so der Vertriebschef. Firmen könnten vormittags Meetings machen und nachmittags fahren. Es gebe Restaurants und auch ein kleines Museum. Die Resonanz liege über den Erwartungen. Deshalb werde im Herbst mitten in Los Angeles ein weiteres Erlebniszentrum eröffnet, Shanghai folgt gegen Jahresende.

In China unterscheiden sich die Kunden von denen in Europa oder Amerika zwar nicht in der Leidenschaft für das sportliche Fahren, wie von Platen sagt, sie sind mit Mitte 30 aber deutlich jünger - allerdings nur im Pass, nicht im Kopf, wie der Marketingmann, rasch ergänzt und dann noch einen Werbespruch hinterher schiebt, der nicht nur den silberhaarigen Porsche-Kunden von der Stuttgarter Halbhöhe wie Manna schmecken dürfte: „Wenn Sie einen Porsche fahren“, so von Platen, „bleiben Sie immer jung.“