Baguette, Baguette! Laurent Durst mit seinem frischen Brot in der malerischen Kulisse des Ludwigsburger Marktplatzes: „Brot ist bei uns Franzosen ganz wichtig, und das beste Brot gibt’s hier in Oßweil.“ Foto: Leif Piechowski

Das Rezept für erfolgreiche Quoten ist einfach: Kochsendungen! Köche sind die neuen Stars. Wir stellen in unserer Serie die besten, originellsten, kreativsten der Region vor. Heute: Laurent Durst, der in der Alten Sonne in Ludwigsburg am Herd steht.

Das Rezept für erfolgreiche Quoten ist einfach: Kochsendungen! Köche sind die neuen Stars. Wir stellen in unserer Serie die besten, originellsten, kreativsten der Region vor. Heute: Laurent Durst, der in der Alten Sonne in Ludwigsburg am Herd steht.

Ludwigsburg - Laurent Durst blinzelt in die strahlende Sonne und schüttelt energisch den Kopf. Nein, sagt er zum Fotografen, Baskenmütze gehe gar nicht. „Das passt wirklich überhaupt nicht zu mir.“ Obwohl hier ein waschechter Franzose auf dem Ludwigsburger Marktplatz steht. Allerdings ist er auch ein überzeugter Elsässer, der sich nicht verbiegen will.

In diesem Moment fährt ein Kleinlaster um die Ecke, eine junge Frau drückt ihm eine Kiste mit Brot in die Hand. Baguettes. Was für ein perfektes Klischee! Der Zufall bringt das Motiv fürs Bild. „Brot ist in der französischen Küche natürlich unersetzlich“, sagt Laurent Durst, „ich könnte auf Beilagen jederzeit verzichten, wenn ich zu einem Fleisch ein gutes Brot bekomme.“ Und dass die soeben gelieferten Baguettes gut sind, daran lässt der Koch keinen Zweifel: „Das sind die besten in der Umgebung!“

Laurent Durst macht wenig Kompromisse

Laurent Durst macht wenig Kompromisse, bei Kopfbedeckungen nicht, beim Brot nicht und in seiner Küche erst recht nicht. Vor zwölf Jahren ist der Franzose nach Ludwigsburg gekommen, und schon nach kurzer Zeit leuchtet über der Alten Sonne am Marktplatz ein Michelin-Stern. Lokalinhaber war damals Torsten Lacher, der vor allem die Gastronomie im Blühenden Barock betreibt. Als er sich zweieinhalb Jahre später von seinem kostspieligen Hobby trennte, übernahm Laurent Durst das Spitzenrestaurant. Auch für den Koch ist es ein Kraftakt: Sternegastronomie zahlt sich trotz der stolzen Menü-Preise nur selten aus. „Ein Sternelokal ohne Zimmer oder ohne einen Sponsor geht eigentlich nicht“, sagt er.

Das Wörtchen eigentlich ist die feine Einschränkung. Denn es gibt Ausnahmen, einen Armin Karrer in Fellbach etwa, der auf Catering und Kochschule setzt, oder einen Vincent Klink, dessen Charme und Bekanntheit aus dem Fernsehen ihm Kunden bringen. Laurent Durst hat es mit einer Mischung versucht. Ein kleiner Bereich Gourmetküche, im restlichen Restaurant eher eine Brasserie. Vor zwei Jahren folgte dann aber der konsequente Schritt: Laurent Durst gab symbolisch den Stern zurück – und stufte freiwillig sein Restaurant zurück. Mit einer einzigen Karte ist das Lokal rentabler und die gesamte Logistik einfacher. „Im Prinzip haben uns die Gäste selbst darauf gebracht, sie haben von hier was bestellt und von da – jetzt gibt’s nur noch eine Karte und gut!“, sagt Laurent Durst.

Mehr Spaß und weniger elitär

Die Abkehr von der Haute Cuisine hatte für den 43-Jährigen aber nicht nur wirtschaftliche Gründe. Es sei immer schwieriger geworden, das richtige und die hohe Zahl Personal für dieses Niveau zu bekommen, erklärt er. Und dabei genießt er den großen Vorteil, dass seine Lebenspartnerin Kerstin Pozybill für den Service zuständig ist, was die Sache etwas unkomplizierter macht. Mit der Reduktion aufs Wesentliche profitieren auch die Gäste, findet der Koch: „Sie konsumieren einfach variabler, das Essen macht dadurch mehr Spaß.“ Mehr Spaß und weniger elitär – der Wahl-Ludwigsburger sieht darin eindeutig einen Trend. „Ich glaube, die Entwicklung geht weg vom teuren Tempel, zurück zu den Wurzeln.“

Deshalb strahlt Laurent Durst besonders, wenn er – zurück im Restaurant – die Marmelade auf seinem Tresen anpreist. Dort wird verkauft, was die Mutter im Elsass in ihrem Garten geerntet hat und dann durchs Einkochen veredelt. Das Ursprüngliche begeistert ihn. Genau dies sieht man auch auf seiner Karte. Hier finden sich nicht die Gourmet-Klassiker (die aber auch nicht ganz verschwunden sind), sondern spannende Gerichte, die man zu Hause eher nicht kocht. „Ochsenschwanz, Schweinefuß, Kalbskopf – wo gibt es das noch?“, fragt Laurent Durst mit einem schelmischen Lächeln, da er weiß: bei ihm natürlich. „Viele junge Köche lernen solche Gerichte nicht mehr, aber darin liegt der Reiz eines Restaurantbesuchs für viele Leute.“

Den Spaß der Gäste an der französischen und regionalen Küche versucht der Chef auch seiner Truppe zu vermitteln. Mit seinem Küchenchef Raphael Jäger (27) steht ein selbstbewusster junger Mann neben ihm, der schon mal zurückfeixt. Für Laurent Durst eine Notwendigkeit für Entwicklung im Stil der Küche: „Jeder hat so seine Ideen, wenn man den jungen Leuten die Chance gibt, dann kommt auch etwas dabei heraus“, sagt er. Natürlich sei dies einfacher, wenn man nicht auf Sterneniveau unter ständiger Beobachtung stehe, aber sein Anspruch sei weiterhin hoch: „Hier gibt es wirklich keine Grenzen. Aber was am Ende aus der Küche rauskommt, das bestimme immer noch ich.“ Für seinen Stil jenseits der Haute Cuisine hat er bereits einen Namen kreiert: „Was wir hier machen, ist spontane Küche. Und das ist die Flexibilität, die überall in der Gesellschaft immer mehr gefragt ist.“

Nur Tropfen aus Frankreich und Deutschland

Wobei Laurent Durst zwei Themen hat, bei denen er den extremen Traditionalisten herauskehrt. Das ist einerseits bei den Lebensmitteln. Das Fleisch kauft er von der Schwäbischen Alb, „wo das Futter stimmt“. Die Fische vom besten Händler, das Sommergemüse von einer Gärtnerei in Marbach oder auf dem Markt, der direkt vor seiner Haustür stattfindet. „Der Gast erwartet diese Einstellung zu den regionalen Produkten“, sagt er. Punkt zwei ist der Wein: In der Alten Sonne gibt es nur Tropfen aus Frankreich und Deutschland. „Das passt zu meiner Küche am besten“, sagt der 43-Jährige, er will auch hier seiner Linie treu bleiben. Der Gast konsumiere einfach anders als früher. Die Menschen bringen Wein aus allen Ecken der Welt mit nach Hause, in einem Lokal wollen sie dann Neuigkeiten entdecken. Genau dies versucht er: Geheimtipps verraten, zum Beispiel ein unbekanntes Elsässer Weingut. Oder er nimmt einen Fritz Funk aus Löchgau auf die Karte, einen Autodidakten, der in seinem Dorf einen Besen betreibt und ganz wunderbare Weine produziert. Zusätzlich lagert im Keller weiterhin viel Gutes, findet der Chef: „Beim Wein spielen wir immer noch in der alten Liga.“

Ansonsten spielt die Alte Sonne zwar eine Klasse tiefer, das juckt den Patron aber nicht. „Viele Besucher wären früher nie hier hereingekommen – wegen des Sterns. Aber jetzt trauen sie sich“, sagt Laurent Durst. Aber die alte Auszeichnung ist nicht nur eine Last: „Letztlich strahlt der Stern doch noch ein bisschen nach.“