Ab April 2015 passé: Hier zieht ein polnisches Modelabel ein Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Hugendubel sind die Mietpreise in der Königstraße zu hoch. Es heißt, der Münchner Buchhändler suche nach einem Laden mit weniger Fläche. Dass er tatsächlich wieder eine Filiale in Stuttgart eröffnet, bezweifeln Experten aus der Branche.

Stuttgart - Nach einer Filiale im Milaneo wird die polnische Modekette Reserved im Herbst 2015 einen weiteren Standpunkt in der Königstraße 5 eröffnen – dort, wo bislang noch das Münchner Buchhaus Hugendubel residiert. Deutschlandweit ist Reserved erst mit drei Filialen vertreten. Dass es in Stuttgart gleich zwei Standorte geben soll, hält Guido Kleinschmidt, Geschäftsführer von Lührmann, für unproblematisch. Er hat die 3900 Quadratmeter große Fläche in der Königstraße an Reserved vermittelt. „Reserved wollte in Stuttgart sowohl in einem großen Zentrum als auch in der Fußgängerzone präsent sein“, berichtet Kleinschmidt.„Denn dort kauft jeweils eine unterschiedliche Klientel ein.“ Den Standort Königstraße 5 habe er ausgesucht, da sein Kunde sich nur für große Verkaufsflächen ab 2500 Quadratmeter interessiere – für das also, was Hugendubel letztlich zum Verhängnis wurde.

„Die Umsätze haben nicht der Fläche entsprochen“, lässt ein Unternehmenssprecher des Münchner Buchhauses zur Schließung der Filiale im April 2015 verlauten. Auf gut Deutsch könnte man sagen: Der Buchhändler hat zu wenig Kundschaft, um die hohen Mietpreise in Stuttgarts 1A-Toplage zu stemmen. Für Rainer Bartle, Geschäftsführer der Buchhandlung Wittwer, kommt die Nachricht nicht überraschend: „Es war schon seit geraumer Zeit im Gespräch, dass die Filiale zumacht.“ Die Mietbelastung sei extrem gewesen, mutmaßt Bartle, zudem habe der Konkurrent die Vormachtstellung von Wittwer, dem Platzhirsch in der Königstraße, unterschätzt. „Wir punkten ganz bewusst als Traditionsunternehmen mit unserer regionalen Positionierung“, sagt Bartle. „Hugendubel wird über den zentralen Einkauf in München bestückt – woher sollen die Mitarbeiter dort wissen, was für die Stuttgarter lesenswert ist?“ Die Erwartungshaltung des Münchner Unternehmens sei von Anfang an zu hoch gewesen, schließt Bartle.

Diese Ansicht teilt Heinrich Riethmüller. „Schon die Entscheidung vor fünf Jahren, in der Größenordnung nach Stuttgart zu kommen, war falsch“, sagt der Geschäftsführer der Buchhandlung Osiander. Als Hugendubel sich in der Königstraße niederließ, habe man sich noch der Euphorie hingegeben, mit großen Läden die Kunden zu erreichen. Durch den Internethandel habe sich ihr Verhalten jedoch geändert. „Wer in eine Buchhandlung kommt, erwartet heute kein riesiges Sortiment mehr – das findet er im Internet“, erklärt Riethmüller. „Uns schätzen die Kunden für die gute Beratung und den persönlichen Kontakt.“

Als eine Strukturkrise des Buchhandels sei der Wegzug von Hugendubel aber nicht zu werten, sagt der Osiander-Chef: „2013 ist der Umsatz des stationären Buchhandels um 0,9 Prozent gestiegen. Bei Hugendubel hat einfach die Größe nicht gestimmt.“ Dass der Wegzug von Hugendubel sich positiv auf das eigene Geschäft auswirken könnte, glaubt Riethmüller indes nicht. „Auf Wittwer wird sich das positiv auswirken“, sagt er. „Wir werden nur in beschränktem Maße mit unserer Filiale in der Innenstadt profitieren.“

Hugendubel lässt derweil verlauten, am Standort Stuttgart festhalten zu wollen: Man suche bereits nach einem Laden mit kleinerer Fläche auf der Königstraße. Riethmüller glaubt dennoch nicht daran, dass der Münchner Buchhändler nach Stuttgart zurückkommen wird. „Der Markt der Königstraße ist überhitzt“, sagt er, „das lässt sich kaum mit Büchern finanzieren.“ Schade findet Riethmüller aber, dass das Buch durch den Wegzug von Hugendubel in der Königstraße weniger sichtbar sein wird: „Für die Branche ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn ein Marktteilnehmer schließt.“

Auch Bettina Fuchs von der City-Initiative Stuttgart (CIS) bedauert den Weggang Hugendubels: „Nachvollziehen kann ich es. Es ist fast unmöglich, auf so einer riesigen Fläche wirtschaftlich zu arbeiten.“ Statt der polnischen Modekette Reserved hätte sie sich jedoch ein hochwertigeres Konzept für die Königstraße gewünscht: „Eine Stadt lebt nun einmal von der Vielfalt. Hat man nur noch Filialisten, wird man austauschbar.“