Jahr für Jahr gibt es in Stuttgart mehr Einbrüche: 2013 stieg die Zahl der Fälle im Vergleich zu 2012 von 882 auf 1030. Foto: dpa

Acht Polizisten sind am Donnerstag im Gebiet Österfeld unterwegs. Sie informieren, wie man sich vor Einbrechern schützen kann. Die Beamten gehen in Zweiergruppen von Haus zu Haus und klingeln an jeder Tür, ohne Ausnahme.

Vaihingen - Das kleine Mädchen schaut schon hinter der Gardine vor. Draußen steht die Polizei, die Beamten kommen direkt auf das Haus der Großeltern zu. Es ist die erste Tür, an der Marvin Petzschner und Danny Suffner an diesem Nachmittag klingeln. Viele weitere werden folgen. Die Polizisten wollen die Menschen sensibilisieren. Ihnen erklären, wie sie sich vor ungebetenen Gästen schützen können. Denn Jahr für Jahr gibt es in Stuttgart mehr Einbrüche. 2013 stieg die Zahl der Fälle im Vergleich zu 2012 von 882 auf 1030. Das sind 16,2 Prozent mehr.

Suffner drückt auf die Klingel. Das ältere Ehepaar öffnet. Sie sind skeptisch. Petzschner spult seinen Text ab: „Guten Tag, wir kommen von der Polizei und beteiligen uns an einem Präventionsprojekt. Die Einbruchzahlen steigen. Wir wollen sie reduzieren, indem wird die Menschen aufklären.“

Das Eis ist gebrochen, das Ehepaar freut sich über den Besuch. „Vor einigen Jahren hatten wir ihre Kollegen im Haus, die uns bestens beraten haben“, sagt der Mann. Die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle bietet seit vielen Jahren solche Termine an. Die Beamten kommen ins Haus und geben Tipps, wo an Türen und Fenstern nachgerüstet werden sollte. Petzschner und Suffner haben „Gutscheine“ dabei, mit denen sie auf genau dieses Angebot aufmerksam machen. Ein richtiger Gutschein ist es aber nicht. Petzschner bezeichnet die kleinen Karten aber trotzdem so. Vielleicht um noch etwas mehr Interesse zu wecken. Nutzen kann das Angebot jeder, egal ob er so eine Karte hat oder nicht.

Das Ehepaar hat mittlerweile „so ziemlich alle Sicherungen angebracht, um es Einbrechern schwer zu machen“, sagt der Mann. Noch hat niemand getestet, ob sich diese Investitionen gelohnt haben. „Zum Glück“, ergänzt der Senior.

Der Wachhund ist zur Stelle

An einem Mehrfamilienhaus drücken die Beamten auf jeden der drei Klingelknöpfe. Niemand macht auf. Doch dann schießt „Peanut“ bellend um die Ecke. Eine Dame folgt, mit einem etwas besorgten Blick. „Keine Angst, es ist nichts passiert“, sagt Petzschner und erklärt sein Anliegen. Ja, die Einbrüche hätten sich in der Vergangenheit summiert, sagt die Frau. Sie wohnt im ersten Stock. Habe allerdings einen Balkon. „Es sind oft Kleinigkeiten, mit denen man sein Zuhause sicherer machen kann“, sagt Petzschner. Das ist auch der Hundebesitzerin bewusst. „Wir haben ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis und schauen nach einander“, sagt sie. Wann immer ein Briefkasten überlaufe, nehme sie die Zeitungen mit rein und lege sie vor die Tür. Das hören die beiden Polizisten gern. „Wir können nicht immer vor Ort sein. Aber die Nachbarn sind es“, sagt Petzschner. „Und einen Wachhund haben wir auch noch“, ergänzt die Frau mit einem Lachen.

An einem verglasten Windfang hängt ein großes Banner mit dem durchgestrichenen Schriftzug „Stuttgart 21“. Auf die Frage, ob das die Polizei von vornherein skeptisch stimme, winkt Petzschner ab. „Wir sind ja nicht diejenigen, die den Bahnhof bauen“, sagt er und klingelt. Eine Dame öffnet. Ja, auch bei ihr hätte sich schon mal jemand an den Rollläden zu schaffen gemacht. Doch irgendetwas habe die Diebe davon abgehalten, ihren Plan zu vollenden. „Zum Glück sind diese Gestalten nicht reingekommen“, sagt die Dame. Spätestens seit diesem Vorfall versuche sie, dass ihr Haus immer „belebt und bewegt“ aussieht. Darum stehe das Fahrrad auch immer vor dem Eingang – gerade so, als würde jeden Moment jemand aus dem Haus kommen und wieder aufsteigen. „Das ist mal ein neuer Ansatz“, gibt Petzschner schmunzelnd zu.

Ein paar Meter weiter zieht ein alter Mann mit Sonnenhütchen gerade die geleerte Bio-Tonne zurück auf sein Grundstück. „Wohnen Sie hier?“, ruft Petzschner über die Straße. „Jawohl“, antwortet der Mann und ergänzt: „Ich weiß schon, warum Sie hier sind. Sie wollen über Einbrecher informieren.“ Die beiden Polizisten beginnen ihr Gespräch. An der Stelle, an der sie den Senior bitten, die 110 zu wählen, wenn er etwas Verdächtiges bemerkt, hakt der Rentner ein. Einmal sei ein Flieger viele Minuten lang über seinem Haus gekreist. „Wenn die Fotos gemacht haben...“, meint der Senior. „Naja, da können wir vom Boden aus wenig machen“, entgegnet Petzschner. Doch wenn es ihn beruhige, könne er auch in so einem Fall bei der Polizei anrufen. „Wir schauen dann, was wir machen können.“

Ein Querriegel sichert die Tür

An der nächsten Tür werden die beiden Polizisten sogar hereingebeten. Die Frau kommt gerade vom Einkaufen zurück. Die Polizei macht ihrem Ruf als „Freund und Helfer“ alle Ehre und trägt kurzerhand alles hinein. Während sie die Einkäufe verstaut, legt der Mann eine neue Decke auf den Tisch. „Wenn Sie sich angemeldet hätten, hätten wir das alles vorher erledigt“, sagt er, bevor er kurz verschwindet. Als er wieder kommt, hat er den Hausanzug gegen Hemd und Krawatte getauscht. „Das war jetzt aber nicht nötig“, sagt Petzschner. Doch wahrscheinlich hat sich der Mann auch nicht für die beiden Polizisten umgezogen, sondern für den Reporter vom ZDF, der die Streife an diesem Tag mit der Kamera begleitet.

Die Polizei ist in diesem Haus sowieso überflüssig. Denn das Ehepaar hat sein Heim bereits bestens gesichert. Abschließbare Fenster und ein massiver Querriegel an der Tür waren da noch die geringsten Investitionen. Hinzu kommt eine moderne Alarmanlage mit thermischen und akustischen Sensoren. „Die unterscheiden, ob nur ein Rollladen runtergeht oder sich wirklich jemand am Haus zu schaffen macht“, sagt der Mann. Nichtsdestotrotz gab es auch schon Fehlalarme. „Dann erschrecken wir uns zu Tode und können anschließend die ganze Nacht nicht mehr schlafen“, ergänzt die Ehefrau.