Stuttgarts Polizeipräsident Siegfried Stumpf Foto: dapd

SPD und Grüne halten an Rücktrittsforderung fest. Polizeipräsident Stumpf reagiert nicht.

Stuttgart - Noch einmal hat sich der Landtag am Mittwochnachmittag mit den Ausschreitungen beim Polizeieinsatz am 30.September befasst - und nach hitziger Debatte den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses mehrheitlich verabschiedet. Für Polizeipräsident Siegfried Stumpf ist die Aufregung nicht beendet. Noch immer steht die Forderung der Opposition von SPD und Grünen nach seinem Rauswurf im Raum. Der ist aber eher unwahrscheinlich.

Was der 60-jährige Stumpf davon hält, dass ihm vier Monate nach dem sogenannten "schwarzen Donnerstag" im Herbst letzten Jahres im Schlossgarten nun erneut die Rolle eines politischen Bauernopfers zugeteilt wird, bleibt sein Geheimnis. Er weilt im Urlaub, ist entgegen anderslautender Gerüchte nicht in Kur. Alles lange geplant, Resturlaub von 2009, wie es heißt. Zum Einsatz, zu Verantwortlichkeiten, zu allem habe er sich bereits mehrfach geäußert, heißt es im Polizeipräsidium. Zu Personalfragen in eigener Sache aber werde er nichts sagen. Dafür seien andere zuständig. Offiziell genießt Stumpf das Vertrauen des Ministerpräsidenten Stefan Mappus.

Immerhin gab es auch am Mittwoch noch politischen Flankenschutz: "Die Rücktrittsforderung ist ein verheerendes Signal an die Polizei insgesamt, die rechtmäßig gehandelt hat", sagte der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Ulrich Müller. "Entlassungsforderungen sind wenig hilfreich", erklärte FDP-Abgeordneter Hagen Kluck, "auch wenn sie von der FDP stammen." Ein Seitenhieb auf seine Parteifreunde im Stuttgarter Gemeinderat, die Stumpf jüngst ebenfalls das Vertrauen entzogen haben.

Allerdings: Der Polizeipräsident ist kein politisches Amt. Sondern eine Führungsposition im Innenministerium im Besoldungsrang eines Referatsleiters. Aus politischen Gründen könnte der Verwaltungsbeamte Stumpf nicht abberufen werden. Damit würden nicht zuletzt, als Kettenreaktion, auch Innenminister Heribert Rech und letztlich auch Ministerpräsident Mappus in Bedrängnis geraten. In solchen Situationen behilft man sich mit verschiedenen Positionswechseln auf der Führungsebene, die nicht wie eine Abschiebung oder ein Schuldeingeständnis der Regierung wirken dürfen. Die Neubesetzung des Chefpostens beim Landeskriminalamt wäre so eine Option - hätte aber eine eher negative Signalwirkung.

Von Amtsmüdigkeit nichts zu spüren

Bliebe nur noch ein Grund, den Stumpf selbst liefern würde: Ein Rückzug aus gesundheitlichen oder privaten Gründen. Danach sieht es aber nicht aus. Und so bleiben alle Beteiligten - auch Landespolizeipräsident Wolf Hammann oder Ministerialdirektor Günther Benz - in der Deckung.

Und eben Stumpf. Von ihm ist überliefert, dass er mit sich längst wieder im Reinen sei. Die Handlungen der Polizei seien rechtmäßig gewesen, die Planung richtig, aber mit Mängeln in der Ausführung. An keinem anderen Tag, zu keiner anderen Uhrzeit, mit keiner anderen Taktik hätte verhindert werden können, dass der Polizei massiver Widerstand entgegenschlägt. In Stumpfs Umgebung ist von einer möglichen Amtsmüdigkeit nichts zu spüren.

Bisher sieht es auch nicht so aus, dass ihm die Staatsanwaltschaft unrechtmäßige Handlungsweisen vorwerfen würde. Die Behörde sichtet noch immer die zahlreichen Anzeigen im Zusammenhang mit dem 30.September. Bei Stumpf sieht es bisher nicht so aus, als ob tatsächlich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet würde.

Noch immer steht freilich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus. Vier Augenverletzte hatten am 28. Oktober 2010 eine Klage gegen das Land eingereicht, um feststellen zu lassen, dass der Polizeieinsatz mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken unverhältnis- und unrechtmäßig gewesen sei. Am "schwarzen Donnerstag" hatte es mindestens 184 Verletzte gegeben, vier davon schwer. Die Klageerwiderung des Landes ist bei der 5. Kammer noch nicht eingegangen. Die Frist wurde bis zum 15. Februar verlängert.