Nach dem Einsatz in Marbach sichert die Polizei Spuren Foto: 7aktuell.de/Specht

Was tun mit psychisch auffälligen Menschen, die immer wieder mit Gewalttaten für Aufsehen sorgen? Eine brisante Lage mit einem Großaufgebot an Polizisten ging in Marbach (Kreis Ludwigsburg) diesmal glimpflich aus.

Marbach/Stuttgart - So viel Aufregung – für das: „Eine Anzeige wegen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz, außerdem für den Beschuldigten ein Platzverweis für die Wohnung“, sagt Polizeisprecherin Tatjana Wimmer am Freitag. Wieder war es ein heftiger Beziehungsstreit, mit dem der 53-Jährige tags zuvor eine große Polizeiaktion in Marbach (Kreis Ludwigsburg) ausgelöst hatte. Diesmal ging die Polizei auf Nummer sicher – man kannte den Beschuldigten bereits.

Der Fall begann mit einem Anruf bei der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Ludwigsburg am Donnerstag gegen 14 Uhr. Gemeldet wurde ein Streit in einem Wohnhaus am Erfurter Weg in Marbach. Eine Zeugin berichtete, dass sie den 53-jährigen Bewohner mit einer Pistole in der Hosentasche gesehen habe. Das bedeutete Alarm: Der alkoholkranke Verdächtige hatte schon einmal in der Nachbargemeinde jenseits des Neckars eine Polizistin mit einem Messer bedroht.

Ob der 53-Jährige tatsächlich eine Schusswaffe in der Wohnung hat – das sollte das Spezialeinsatzkommando (SEK) klären. Die Beamten rückten aus Göppingen an und bereiteten sich darauf vor, in die Räumlichkeiten einzudringen. Immerhin standen die Polizisten nicht unter großem Zeitdruck. Der 53-Jährige war allein in der Wohnung, seine Lebenspartnerin hielt sich dort nicht mehr auf. Gegen 17.30 Uhr änderte sich die Lage aber plötzlich: Der Mann verließ das Haus. Statt des SEK griffen die Beamten der Ludwigsburger Polizei zu. Bei der Festnahme leistete er heftigen Widerstand und verletzte sich dabei leicht. Er wurde in eine Klinik transportiert. In der Wohnung, das ergab die anschließende Durchsuchung, lag tatsächlich eine Pistole – allerdings eine Schreckschusswaffe.

Dabei sind für das einstige Mitglied des Erdmannhäuser Schützenvereins Waffen seit Jahren tabu. Der schwer alkoholkranke Mann hatte am 27. August 2011 in Benningen nach einem Familienstreit eine 36-jährige Polizistin mit einem Messer attackiert. 2,89 Promille hatte er damals intus, als er die Beamtin mit Wurfbewegungen bedrohte. Damit zwang er die Polizistin, ihn mit Schüssen in die Beine zu stoppen. Für das Vorgehen gegen die Beamtin wurde er später wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstands angeklagt und von einem Gericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen.

Zunächst gab es den Verdacht, dass es sich bei dem Verhalten des Mannes 2011 um den Versuch einer indirekten Selbsttötung durch die Polizei handelte. Ähnlich wie später in Stuttgart, wo ein 36-Jähriger im November 2013 in der Landhausstraße im Stuttgarter Osten tödliche Schüsse auf sich provozierte. Oder im Februar dieses Jahres in Untertürkheim, wo ein 34-Jähriger eine Polizeistreife angriff und von Schüssen aus einer Dienstwaffe schwer verletzt wurde. Der Fall in Benningen 2011 gehörte, wie sich später herausstellte, nicht dazu. Der Arbeitslose war zwar mehrfach rabiat gegen Polizisten geworden, stets in stark alkoholisiertem Zustand. An die Vorfälle konnte er sich aber hinterher nicht mehr erinnern.

Der Mann sei „im freien Fall“, hatten ihm besorgte Freunde attestiert. Einen Monat vor der Messerattacke auf die Polizistin 2011 hatte es in seiner Wohnung in Benningen gebrannt. Laut Polizeibericht war in der Küche aus unbekannter Ursache ein Feuer ausgebrochen. Der Bewohner musste damals von Nachbarn bewusstlos aus den verqualmten Räumen gerettet werden. Nun hofft man, dass der 53-Jährige in Marbach nicht in einer neuen Sackgasse gelandet ist.